Das Leben lacht

Gedan­ken zum Ewigkeitssonntag
Andacht auf dem Friedhof

2. Petrus 3,10–13

Es wird aber des Herrn Tag kom­men wie ein Dieb; dann wer­den die Him­mel zer­ge­hen mit gro­ßem Kra­chen; die Ele­men­te aber wer­den vor Hit­ze schmel­zen, und die Erde und die Wer­ke, die dar­auf sind, wer­den nicht mehr zu fin­den sein.
Wenn nun das alles so zer­ge­hen wird, wie müsst ihr dann daste­hen in hei­li­gem Wan­del und from­mem Wesen, die ihr das Kom­men des Tages Got­tes erwar­tet und ihm ent­ge­gen­eilt, wenn die Him­mel vom Feu­er zer­ge­hen und die Ele­men­te vor Hit­ze zerschmelzen.
Wir war­ten aber auf einen neu­en Him­mel und eine neue Erde nach sei­ner Ver­hei­ßung, in denen Gerech­tig­keit wohnt.

Wie müsst ihr dann dastehen!

Was bewegt Sie, wenn Sie an die­sem Tag auf den Fried­hof kom­men? Was hat Sie heu­te hier­her­ge­führt? Die Fra­ge ist zum einen rhe­to­risch: Denn am Toten­sonn­tag gehen Men­schen in Got­tes­diens­te und auf Fried­hö­fe, um an die Men­schen zu den­ken, die gestor­ben sind – beson­ders die­je­ni­gen, die im zurück­lie­gen­den Jahr gestor­ben sind. Aber auch die ande­ren neh­men wir in den Blick, erin­nern uns: Fami­li­en­an­ge­hö­ri­ge, Eltern, Groß­el­tern. Manch­mal Kin­der. Freun­de und Bekann­te. Wir erin­nern uns. Die Fra­ge beant­wor­tet sich also erst ein­mal von selbst. Aber sie ist auch wirk­lich ernst gemeint. Ich stel­le sie mir selbst. Und ich fra­ge Sie genau­so: Was bewegt uns, heu­te hier­her zu kommen?

Viel­leicht soll­te ich sie aber anders stel­len: Könn­te uns Hoff­nung ergrei­fen und bewe­gen – und das mit­ten in der Trau­er, mit­ten in Erin­ne­run­gen, die schmerz­haft sind?Die Wor­te aus dem zwei­ten Petrus­brief tra­gen die typi­schen Zei­chen von apo­ka­lyp­ti­schen Welt­bil­dern: Alles ver­geht. Die Erde, gar das All, stür­zen ins Cha­os. Viel­leicht ins Cha­os zurück, das am Anfang herrsch­te, als Gott erst ein­mal die Welt aus dem Ur-Cha­os rei­ßen muss­te (Gene­sis 1,2).
Am Anfang war die Erde wüst und leer – Tohu­wa­bo­hu heißt das auf hebrä­isch. Und selbst wir heu­te ver­wen­den das Wort für Cha­os – meist in Kin­der­zim­mern oder nach wil­den Teen­ager­par­tys. Cha­os ist das Gegen­teil von Ord­nung. Und Cha­os ist das Gegen­teil von Got­tes Gegenwart.

Wenn ein Mensch stirbt, dann erle­ben wir ganz per­sön­lich die­ses Gefühl, dass die Welt zer­bricht, dass sie ins Cha­os stürzt. Wir ver­lie­ren den Halt unter den Füßen. Selbst wenn wir mit einem Ver­stor­be­nen nicht so viel zu tun hat­ten und etwa als Nach­barn oder Bekann­te zu einer Trau­er­fei­er mit­ge­hen, erle­ben wir die­ses Cha­os im Her­zen – wenn wir um die rich­ti­gen Wor­te rin­gen und ein „herz­li­ches Bei­leid“ zwar ehr­lich, aber manch­mal auch hilf­los über unse­re Lip­pen kommt.
Der Tod ist immer boden­los und wenn wir die­sen Raum betre­ten, wo er anzu­tref­fen ist, kom­men wir ins Wan­ken. Gibt es Hoff­nung? Wer setzt dem Cha­os eine Ord­nung ent­ge­gen, die uns leben lässt?

Und da stel­le ich wie­der erstaunt fest: Die Seher der Bibel – ob es Pro­phe­ten sind im Alten oder die Apos­tel im Neu­en Tes­ta­ment, Johan­nes mit der Offen­ba­rung, Petrus heu­te – sie alle enden nie mit den Schre­ckens­bil­dern. Am Ende steht Got­tes neue Welt – ob sie als Woh­nung bei Gott beschrie­ben wird (Johan­nes 14,1–2), als das himm­li­sche Jeru­sa­lem (Offen­ba­rung 21,2), als neu­er Him­mel und neue Erde (Offen­ba­rung 21,1/Jesa­ja 65,17) – immer gewinnt das Leben. Immer siegt Got­tes neue Schöp­fung. Immer wird Frie­de, immer enden Leid und Schmerz.
Und so höre ich Petrus sagen: „Wenn das Cha­os – das in der Welt und euer ganz per­sön­li­ches Cha­os – groß wird, dann erin­nert euch an Got­tes hoch­hei­li­ges Ver­spre­chen: Er schafft ein Neues.“

Damit gibt er uns heu­te auch einen Anspruch und Zuspruch mit in die­se letz­ten Tage des alten Kir­chen­jah­res: „Wie müsst ihr dann daste­hen in hei­li­gem Wan­del und from­mem Wesen.“
Bei Petrus steht ein Wort, das ein biss­chen mehr bedeu­tet als unser deut­sches „müs­sen“. Zum einen heißt es: „es ist not­wen­dig, es ist drin­gend dran.“ Und ich ent­de­cke für mich wie­der: Wo der Tod schein­bar das letz­te Wort spricht, ist es not­wen­dig, dass wir ihm unse­re Hoff­nung als Chris­ten ent­ge­gen­set­zen. Wir kön­nen und wer­den ihm nicht den Raum las­sen, den er beansprucht.
Das bedeu­tet nicht, dass Men­schen nicht trau­rig sein dürf­ten. Ganz gewiss dür­fen sie das. Und wir legen dafür kei­ne Zeit fest. Die Trau­er braucht ihre Zeit, sie hat ihr Recht. Aber wir, die wir viel­leicht schon etwas Abstand haben von der Trau­er, die viel­leicht nicht direkt betrof­fen sind als Ange­hö­ri­ge und Freun­de, wir sol­len trös­ten. Wir, die an die Auf­er­ste­hung von den Toten glau­ben, an das Ewi­ge Leben, wie Jesus es ver­spro­chen hat, wir sol­len die Hoff­nung in Erin­ne­rung rufen, die Gott uns gege­ben hat.
Das ist unse­re Auf­ga­be als Chris­ten. So bau­en wir einen Schutz­raum für die, die trau­ern. Und wir laden die Trau­ern­den behut­sam und vor­sich­tig dazu ein, die Hoff­nung in den Blick zu neh­men: Gott wird alle Trä­nen abwi­schen, wird Schmerz und Tod aus der Welt ver­ban­nen (Offen­ba­rung 21,4).
Die­se Welt wird gewiss kom­men. Gott selbst wird sie schaf­fen. „Dei­ne Toten wer­den leben“, sagt schon der Pro­phet Jesa­ja (Jesa­ja 26,19). Dass wir das ver­kün­den, dass wir das immer wie­der ins Gedächt­nis rufen und es beken­nen vor die­ser Welt, ist not­wen­dig, ist drin­gend dran.

Das Wort bedeu­tet aber auch noch ein ande­res – im Sinn einer Zusa­ge: Es ist nicht nur not­wen­dig. Es bedeu­tet auch: „Es geht gar nicht anders.“ Gott selbst bin­det sich an sein Wort. Er steht dazu, er hält dar­an fest: „Ich schaf­fe einen neu­en Him­mel und eine neue Erde. Und ich wer­de die Toten zu neu­em Leben erwecken.“
„Wie müsst ihr dann daste­hen in hei­li­gem Wan­del und from­mem Wesen.“ Das wird gar nicht anders sein. Wir wer­den so daste­hen, als neue Men­schen, als Hei­li­ge, als Men­schen, die sich voll und ganz auf Gott verlassen.

Es ist manch­mal kaum vor­stell­bar: Wir wer­den muti­ge Zeu­gen dafür sein, dass Gott der leben­di­ge Gott ist und dass wir mit ihm leben und durch ihn das ewi­ge Leben haben.
Manch­mal zwei­fe­le ich an mir selbst. Auch als Pfar­rer, als Pre­di­ger von Got­tes Wort rin­ge ich um Wor­te, wenn ich dem Tod gegenüberstehe.
Da aber sagt Petrus sagt mir, sagt uns: Doch – sei so mutig. Ver­kün­di­ge am Toten­sonn­tag, dass die Men­schen leben wer­den, an die wir heu­te den­ken. Es ist not­wen­dig. Der leben­di­ge Gott wen­det die Not.

„Du hast mir mei­ne Kla­ge ver­wan­delt in einen Rei­gen, du hast mir den Sack der Trau­er aus­ge­zo­gen und mich mit Freu­de gegür­tet, dass ich dir lob­sin­ge und nicht stil­le wer­de. Herr, mein Gott, ich will dir dan­ken in Ewig­keit“, heißt es in Psalm 30,12.13.
Im ers­ten Moment mag es ver­wir­ren – am Ewig­keits­sonn­tag, am Toten­sonn­tag wird nicht getanzt. Es ist ein stil­ler Fei­er­tag. Aber so sieht Got­tes Zukunft für uns aus: Leben, Freu­de, Wie­der­se­hen, Glück, Gemein­schaft wird sei­ne Zukunft bestimmen.
Ihr steht hei­lig und herr­lich und zuver­sicht­lich da, damit Got­tes Reich schon heu­te spür­bar und sicht­bar wird. Setzt dem Tod das Leben ent­ge­gen, das ihr schon jetzt habt: „Wer an Jesus glaubt, hat das ewi­ge Leben.“ (nach Johan­nes 6,47)

Lasst der Trau­er ihre Zeit. Aber fangt behut­sam und mutig an, Got­tes Zusa­gen zu trau­en und von ihnen her zu leben.

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