Kei­ne Pres­se bitte!

Gedan­ken zu Mat­thä­us 12,15–21
15 Aber als Jesus das erfuhr, ent­wich er von dort. Und eine gro­ße Men­ge folg­te ihm, und er heil­te sie alle 16 und gebot ihnen, dass sie ihn nicht offen­bar mach­ten, 17 damit erfüllt wür­de, was gesagt ist durch den Pro­phe­ten Jesa­ja, der da spricht:
18 »Sie­he, das ist mein Knecht, den ich erwählt habe, und mein Gelieb­ter, an dem mei­ne See­le Wohl­ge­fal­len hat; ich will mei­nen Geist auf ihn legen, und er soll den Hei­den das Recht ver­kün­di­gen. 19 Er wird nicht strei­ten noch schrei­en, und man wird sei­ne Stim­me nicht hören auf den Gas­sen; 20 das geknick­te Rohr wird er nicht zer­bre­chen, und den glim­men­den Docht wird er nicht aus­lö­schen, bis er das Recht hin­aus­führt zum Sieg; 21 und die Hei­den wer­den auf sei­nen Namen hoffen.«

„Kei­ne Pres­se bit­te“, so lie­ße sich beschrei­ben, was Jesus von der Öffent­lich­keit for­dert. Im Zeit­al­ter von Face­book und ande­ren Mit­tei­lungs­por­ta­len im Inter­net ist das unge­wöhn­lich. Die Daten­schüt­zer schla­gen die Hän­de über dem Kopf zusam­men, wenn sie sehen, was Men­schen völ­lig unge­schützt im welt­wei­ten Netz von sich preis­ge­ben. Poli­zei und Ver­si­che­run­gen war­nen immer wie­der aus­drück­lich davor, im Netz etwa sei­ne Urlaubs­plä­ne bekannt zu geben. Das ist ja gera­de­zu eine Ein­la­dung an unge­be­te­ne Gäs­te. Aber der Mit­tei­lungs­drang ist manch­mal grö­ßer, als die Ver­nunft es vor­gibt. Längst sind es nicht mehr die Pro­mis allei­ne, die Schlag­zei­le machen. Sicher: über die Queen oder das Fami­li­en­le­ben von Hei­di Klum wird immer noch in der Zei­tung berich­tet. Aber die Mas­se an Ver­öf­fent­li­chun­gen pri­va­tes­ter Details geschieht in Blogs und sozia­len Netz­wer­ken. Wel­cher Wun­der­hei­ler wäre nicht vor 2000 Jah­ren schon über die rasan­ten Mög­lich­kei­ten der Nach­rich­ten­ver­brei­tung – und damit Eigen­wer­bung – froh gewesen?

Anders Jesus. „Er heil­te sie alle“, die ihm folg­ten, schreibt Mat­thä­us. Und ver­bie­tet den Geheil­ten, den sicher­lich Begeis­ter­ten, davon zu reden. „Kei­ne Pres­se bit­te!“ Wer ein paar Ver­se vor die­sem Ver­bot nach­schaut, könn­te auf den Gedan­ken kom­men, dass Jesus sei­nen Auf­ent­halts­ort geheim hal­ten möch­te. Denn die Pha­ri­sä­er „hiel­ten Rat über ihn, wie sie ihn umbräch­ten.“ So endet der Abschnitt vor die­ser Erzäh­lung bei Mat­thä­us. Jesus zieht sich zurück, er weicht vor dem Mord­an­schlag aus. Wer woll­te es ihm ver­den­ken. Aber die Erklä­rung, die dem Ver­bot der Ver­öf­fent­li­chung folgt, weißt in eine ande­re Rich­tung. Denn es ist nicht die Furcht vor der Obrig­keit, die Jesus zu sei­nem Schwei­ge­ge­bot ver­an­lasst. Es ist die Art und Wei­se, wie er den Men­schen gegen­über tritt, wie er sich selbst ver­steht und wie er ver­stan­den wer­den möch­te. Für Mat­thä­us erfüllt sich mit der Zurück­hal­tung Jesu eine Ver­hei­ßung des Pro­phe­ten Jesa­ja. Aus­drück­lich zitiert er sie.

Der Knecht Got­tes, von dem Jesa­ja ab Kapi­tel 42 öfter schreibt, ist für die christ­li­che Gemein­de in Jesus Chris­tus zu erken­nen. Auf ihn ist das bezo­gen, was ein hal­bes Jahr­tau­send vor­her durch Jesa­ja gesagt und nun von Mat­thä­us in Erin­ne­rung geru­fen wird. Jesus ver­mark­tet sich nicht. Die Bot­schaft, die er ver­kün­det, ist kein Pro­dukt, das auf dem Markt der Mög­lich­kei­ten die­ser Welt im frei­en Han­del ver­kauft wird. Die Lie­be Got­tes, die er Men­schen ent­ge­gen­bringt und mit der er sie anrührt, ist ein Geschenk. Sie ist eine Gabe der Herz­lich­keit Got­tes, der Barm­her­zig­keit Got­tes. Mit allem, was Jesus tut, wirbt er im Auf­trag Got­tes um die Lie­be der Men­schen. Er wirbt dar­um, dass Men­schen die Bezie­hung zu Gott wie­der auf­neh­men. Er lädt Frau­en und Män­ner, Kin­der und Erwach­se­ne ein, ihr Zuhau­se bei Gott zu ent­de­cken und es anzusteuern.

Was pas­sie­ren kann, wenn aus Jesus und sei­nen Taten eine Geschäfts­idee gemacht wird, zeigt die Erzäh­lung von der Spei­sung der 5000. Nur bei Johan­nes fin­det sich die Fol­ge die­ser Geschich­te beschrie­ben, die sonst in allen vier Evan­ge­li­en berich­tet wird. Die Men­schen sind begeis­tert von Jesus, sie erken­nen das Poten­ti­al, das in ihm steckt: „Das ist wahr­lich der Pro­phet, der in die Welt kom­men soll,“ heißt es in Johan­nes 6 nach dem Wun­der der Brot­ver­meh­rung. Und Jesus erkennt, dass sie ihn zum König machen wol­len. Klar – einer, der sein Volk im Hand­um­dre­hen sät­ti­gen kann, der ist ein guter König, oder?

Aber Jesus lässt sich nicht zum Brot­kö­nig krö­nen. Er lässt sich nicht ver­mark­ten, nicht für die Zie­le der Men­schen miss­brau­chen. Er lässt sich nicht dafür ein­span­nen, Men­schen zu hei­len, zu sät­ti­gen, ihnen Reich­tum oder poli­ti­sche Frei­heit oder ande­res zu erwer­ben. Er bringt Got­tes Lie­be. Er bringt – sich selbst. Und als Geschenk, als eine gnä­di­ge, barm­her­zi­ge Gabe heilt er etli­che, schenkt er manch­mal äuße­re Frei­heit, sät­tigt mit Brot. Und zieht sich sogleich wie­der zurück, weil die­se äuße­ren Gaben nur ein Bei­spiel sind für die viel umfas­sen­de­re Hei­lung, die er bringt. Jesus macht die Bezie­hung zu Gott, dem Schöp­fer wie­der heil. Er lässt das Reich Got­tes durch sei­ne Wor­te und Taten in  der Welt auf­leuch­ten und lädt dazu ein, sich nach die­sem Reich Got­tes auszustrecken.„Trachtet zuerst nach Got­tes Reich und nach sei­ner Gerech­tig­keit, so wird euch das alles zufal­len“, heißt es in der Berg­pre­digt in Mat­thä­us 6. Das gibt es nicht zu kaufen.

Aber noch ein ande­rer Aspekt ist wich­tig. Wer sich heu­te umschaut, sieht, wie unbarm­her­zig der Wett­be­werb gewor­den ist. Fir­men ste­chen sich gegen­sei­tig aus, die Gro­ßen schlu­cken die Klei­nen, der freie Markt ist oft auch der Tod klei­ne­rer Unter­neh­men. Öffent­li­che Demü­ti­gen sind an der Tages­ord­nung bei Cas­ting­shows wie Die­ter Boh­lens „Deutsch­land sucht den Super­star“ oder Hei­di Klums „Germany‘s next Top Model“. Da wird mit gro­ßen Füßen und mie­sen Sprü­chen gar man­cher glim­men­de Doch aus­ge­löscht, man­cher Mensch zer­bro­chen. Anders Jesus. Er begeg­net den Men­schen mit der Lie­be Got­tes. Zachä­us, den von allen ver­ach­te­ten Zöll­ner in Jeri­cho, besucht er zu Hau­se. Er stellt ihn nicht ein­mal wegen sei­ner Betrü­ge­rei­en zur Rede, als sie im klei­ne­ren, geschütz­te­ren Kreis zusam­men sind. Es genügt die Begeg­nung mit Jesus, die Zachä­us ver­än­dert. Im Lukas­evan­ge­li­um wird davon erzählt. Und Johan­nes berich­tet, wie Jesus ein­mal einer Frau gegen­über­ge­stellt wird, die beim Ehe­bruch ertappt wur­de. Zur öffent­li­chen Demü­ti­gung woll­ten die Anklä­ger nun auch den öffent­li­chen Schuld­spruch. Aber Jesus ver­wei­gert sich auch hier. Er ver­ur­teilt nicht, er demü­tigt nicht. Er zeigt einen neu­en Weg auf für die Frau, die eben noch im Licht der Öffent­lich­keit stand, das gna­den­los auf sie ein­brann­te. Die Begeg­nung mit Jesus bringt ihr eige­nes Leben wie­der zum Leuchten.

Jesus geht mit der Bot­schaft von der Lie­be Got­tes nicht haus­sie­ren. Er schlägt sie ande­ren nicht um die Ohren. Das lau­te Markt­ge­schrei ist nichts für ihn. Die Wun­der, mit denen er manch­mal Men­schen begeg­net, sind kei­ne Wer­be­maß­nah­me. Die Gefahr ist zu groß, dass sie den Blick für Gott selbst ver­stel­len. Wo Jesus Men­schen mit einem Wun­der begeg­net, macht er deut­lich, dass Got­tes Reich Stück für Stück wächst – aber eben nicht mit mensch­li­cher oder gött­li­cher Gewalt, son­dern wie eine Pflan­ze, Stück für Stück, lan­ge ver­bor­gen in der Erde, ver­bor­gen noch in zar­ten Knos­pen, die sich dann aber zur rich­ti­gen Zeit zur wun­der­vol­len Blü­te ent­fal­ten. Pres­se und sons­ti­gen Rum­mel braucht es dafür nicht. Wohl aber Her­zen, die sich in Lie­be ande­ren zuwen­den und die­sen Geist Jesu in sich tra­gen. Denn was Jesus vor­lebt, gilt für sei­ne Nach­fol­ger glei­cher­ma­ßen. Sie wer­den Hoff­nung wecken, wenn sie Men­schen in Lie­be begeg­nen – Hoff­nung auf Got­tes Han­deln in und an die­ser Welt.

PS: Zu hören sind die­se Gedan­ken auf ERF-Radio in der Rei­he “Bibel heute”

 

 

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