Heil­sam angepustet

Was haben der Hei­li­ge Geist und das viel­leicht ältes­te Heil­mit­tel der Welt gemeinsam?
Eine Pre­digt an Pfingst­mon­tag, ange­sto­ßen durch eine Geschich­te im Johannesevangelium.

Johan­nes 20,19–23

Es war Abend gewor­den an die­sem ers­ten Wochen­tag nach dem Sab­bat. Die Jün­ger waren beieinander 
und hat­ten die Türen fest ver­schlos­sen. Denn sie hat­ten Angst vor den jüdi­schen Behör­den. Da kam Jesus, trat in ihre Mit­te und sag­te: »Frie­de sei mit euch!« 
Nach die­sen Wor­ten zeig­te er ihnen sei­ne Hän­de und sei­ne Sei­te. Die Jün­ger freu­ten sich sehr, als sie den Herrn sahen. 
Jesus sag­te noch ein­mal: »Frie­de sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sen­de ich jetzt euch!« 
Dann hauch­te er sie an und sag­te: »Emp­fangt den Hei­li­gen Geist! 
Wem ihr die Sün­den ver­gebt, dem sind sie wirk­lich ver­ge­ben. Wem ihr sie aber nicht ver­gebt, dem sind sie nicht vergeben.«

Pre­digt

„Zeig mal her. Komm, ich pus­te drauf, dann tut es gleich nicht mehr weh.“ Das ältes­te Heil­mit­tel der Welt. Unzäh­li­ge Ver­let­zun­gen wur­den damit geheilt. Oder waren weni­ger schlimm. Irgend­wie kam mir die­ser Gedan­ke, als ich die Geschich­te von Johan­nes gele­sen habe. Jesus kommt und pus­tet sei­ne Jün­ge­rin­nen und Jün­ger an – und alles wird gut.

Was war denn los mit denen? Die Jün­ger – Petrus, Johan­nes, Jako­bus, Andre­as und die andern, die Jün­ge­rin­nen – Maria Mag­da­le­na, Salo­me, noch eine Maria und ande­re – waren völ­lig durch den Wind. Es ist Oster­sonn­tag vor 2.000 Jah­ren. Drei Tage zuvor war Jesus gekreu­zigt wor­den. Das hat­te alle so sehr erschreckt, dass sie sich ver­steck­ten. Und alle waren unend­lich trau­rig. Gab es doch nichts mehr, auf das sie noch hof­fen konnten.
Und jetzt? Das Grab war leer. Maria Mag­da­le­na hat­te es zuerst gese­hen. Und dann waren auch Petrus und Johan­nes am Grab. Kein Jesus. Weg. Ver­schwun­den. Aber es wird ja noch ver­rück­ter. Als Maria wie­der allein ist im Gar­ten, auf dem Fried­hof, kommt Jesus zu ihr. Und sie erzählt es den Jün­gern. Das war alles mehr, als sie ertra­gen konn­ten. Ich glau­be, es wäre gut gewe­sen, wenn sie jemand in den Arm genom­men hät­te, die Jün­ge­rin­nen und Jün­ger, um sie zu trösten.

Und dann kommt Jesus zu ihnen allen. In den Arm nimmt er sie zwar nicht, aber er macht etwas, das zumin­dest auch bei Kin­dern heu­te noch Wun­der voll­bringt: Er pus­tet sie an. Und ich den­ke mir: Er pus­tet ihnen die Angst von der See­le run­ter. Er pus­tet ihr auf­ge­reg­tes und auf­ge­lös­tes Herz an und bringt es zur Ruhe. Er pus­tet die Trä­nen von den Gesich­tern. Er kühlt die erhitz­ten und völ­lig über­dreh­ten Gemüter.

Aber etwas ist auch anders, bei Jesus; anders, als es bei uns ist, wenn wir einem Kind die Wun­de küh­len und zärt­lich darüberpusten.
Als Jesus sei­ne Freun­de anpus­tet, sagt er: „Nehmt hin den Hei­li­gen Geist.“ Er wen­det sich vol­ler Lie­be und Zärt­lich­keit sei­nen Freun­den zu. Und er gibt ihnen etwas, das sie in Zukunft beglei­ten soll. Denn das weiß Jesus schon – und er hat es ja auch schon ange­kün­digt: Er wird zu sei­nem Vater im Him­mel zurück­keh­ren. Das haben wir vor elf Tagen auch gefei­ert – Himmelfahrt.
Jesus wird nicht mehr als Mensch mit sei­nen Freun­den durch Isra­el zie­hen. Er wird nicht mehr auf einem Berg oder in einem Boot ste­hen und vor Tau­sen­den pre­di­gen. Er wird nicht mehr einem Men­schen die Hand auf­le­gen und ihn von einer Krank­heit heilen.
Aber er hat einen Plan. Er weiß, dass die Jün­ger, dass wir nicht ohne ihn leben wol­len. Er weiß, dass wir ihn brau­chen. Er weiß, dass sie ihn ver­mis­sen wer­den. Und des­we­gen hat er einen Weg über­legt, wie er trotz­dem bei den Jün­ge­rin­nen und Jün­gern damals blei­ben kann. Auf die glei­che Wei­se ist er heu­te bei uns.
Jesus gibt sei­nen Freun­den den Hei­li­gen Geist. Und das passt wirk­lich sehr gut zum Pus­ten. Denn das Wort für den Hei­li­gen Geist ist Pneu­ma. Oder schon in den ers­ten Geschich­ten der Bibel Ruach. Bei­de, das grie­chi­sche Wort und das hebräi­sche Wort, bedeu­ten nicht nur Geist. Sei bei­den auch Wind. Der Wind, den Jesus damals Maria und Salo­me und Petrus und Jako­bus und den ande­ren zuge­pus­tet hat, ist der Hei­li­ge Geist.

Und da muss ich an eine ganz ande­re Geschich­te den­ken, ganz am Anfang der Bibel. Gott hat­te gera­de aus Acker­staub eine Figur geformt. Die sah aus wie ein Mensch. Aber – sie leb­te nicht. Sie war nur eine Figur. Und was macht Gott damals? Er bläst der Figur sei­nen Atem in die Nase – und der Mensch lebt (1. Mose 2,7).
Wenn Gott etwas bewe­gen will, braucht er nur zu atmen. Er spricht, er pus­tet an, er schickt sei­ne Win­de los, er füllt Men­schen mit sei­nem Geist.

Dass wir leben, ist Got­tes Geschenk an uns. Es ist Got­tes Lebens­atem, den wir ein- und aus­at­men. So eng ist die Bezie­hung zwi­schen Gott und uns. Und genau­so ist es mit unse­rem Her­zen oder mit unse­rem Glau­ben. Genau­so ist es mit dem, was in uns drin in der See­le nach Gott fragt und sich über ihn freut und ihm ver­traut: Das ist Got­tes Atem, Got­tes Geist.

Ich glau­be, Pfings­ten ist gar nicht so kom­pli­ziert. Nicht kom­pli­zier­ter jeden­falls als die Tat­sa­che, dass Gott ein Mensch wird. Oder die Tat­sa­che, dass Jesus von den Toten auf­er­stan­den ist. Nur ist es nicht so greif­bar, weil ein Geist, ein Wind eben nicht ange­fasst wer­den kann. Das Baby in der Krip­pe konn­ten die Men­schen sehen und strei­cheln. Jesus, der von den Toten auf­er­stan­den war, konn­ten die Men­schen sehen und der Jün­ger Tho­mas durf­te sogar die Wun­den Jesu berühren.
Trotz­dem ist das mit dem Geist auch nicht schwer. Jeder von uns atmet. Das ken­nen wir. Und mit sei­nem Geist atmet Gott in uns. Der strömt durch uns, der erfüllt uns, wie unser Atem uns erfüllt. Und er ist um uns her, wie die Luft um uns her ist.
Da gibt es kei­nen Ort der Welt und kei­nen Moment in mei­nem Leben, in dem Gott nicht in mir ist und mich umgibt. Das ist sein Geist. So ist mir Jesus nahe, immer und überall.

Naja, und das mit der Wun­de, auf die Mama oder Papa pus­ten, gehört auch noch mal hier­her. Damit mei­ne See­le gesund wird, damit mei­ne Angst ver­schwin­det, ich getrös­tet wer­de, ich mutig wer­de, pus­tet Jesus mich auch heu­te an. Und irgend­wie fühlt sich das gut an.

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