Ostern ist ein fettes Fest des Lebens.
Predigtgedanken zu Jesaja 25,6–9
Ostermontag 2025
Ostern. Kaum zu glauben, was geschehen ist. Alle tun sich schwer damit. Die Frauen am Grab fassen es nicht. Die Ostergeschichte von Markus endet damit, dass die Frauen vom Grab weggehen und niemandem etwas sagen (Markus 16,1–8). Petrus und Johannes flitzen zum Grab und kommen aus dem Staunen nicht raus (Johannes 20,3–10). Die Jünger aus dem Dörfchen Emmaus sind traurig und es braucht den ganzen Weg und das Zeichen von Jesus, bis sie merken, dass die Geschichte von der Auferstehung wahr ist (Lukas 24,13–35). Unfassbares und Großartiges ist geschehen.
Zugleich liegt die Hoffnung auf Ewigkeit den Menschen im Blut. Ja, es gibt eine Menge, die sagen, dass mit dem Tod alles vorbei sei. Aber ob sie das wirklich selbst glauben, ist noch die Frage. Manche, die sich auf Kosten anderer unendlich bereichern und dazu auch andere unterdrücken, mögen das hoffen. Denn sonst könnte für sie das dicke Ende noch nachkommen. Aber wem es hier nicht gut geht oder auch wirklich schlecht, wer unterdrückt und verfolgt wird, der hat wohl die Hoffnung, dass eines Tages Gerechtigkeit eintreten wird.
Die Sehnsucht nach Leben und Hoffnung darauf liegt in uns. Der Prophet Jesaja hat diese Hoffnung aufgegriffen. So hat er schon 700 Jahre vor Ostern von einer fantastischen Hoffnung geschrieben (Jesaja 25,6–9):
Und der Herr Zebaoth wird auf diesem Berge allen Völkern ein fettes Mahl machen, ein Mahl von reinem Wein, von Fett, von Mark, von Wein, darin keine Hefe ist.
Und er wird auf diesem Berge die Hülle wegnehmen, mit der alle Völker verhüllt sind, und die Decke, mit der alle Heiden zugedeckt sind. Er wird den Tod verschlingen auf ewig.
Und Gott der Herr wird die Tränen von allen Angesichtern abwischen und wird aufheben die Schmach seines Volks in allen Landen; denn der Herr hat’s gesagt.
Zu der Zeit wird man sagen: »Siehe, das ist unser Gott, auf den wir hofften, dass er uns helfe. Das ist der Herr, auf den wir hofften; lasst uns jubeln und fröhlich sein über sein Heil.«
„Er wird den Tod verschlingen auf ewig“, schreibt Jesaja. 700 Jahre später wird Paulus diese Zuversicht aufgreifen. Er sitzt an seinem ersten Brief an die Christen in Korinth. Ein ganzes Kapitel widmet er den Gedanken zur Auferstehung. Denn manche in Korinth sagen (1. Korinther 15,12): „Auferstehung? Gibt es nicht. Tot ist tot.“ Und er kontert (1. Korinther 15,14): „Wenn das wahr ist, dann kann ich aufhören zu predigen. Dann könnt ihr aufhören zu glauben. Wenn Jesus nicht lebt, ist das alles umsonst. Ja, dann ist das verrückt und Irrsinn.“ Paulus weiß es besser. Als er die Christen verfolgte, begegnete ihm Jesus selbst. Vor den Toren von Damaskus hat Jesus den Paulus gestoppt mit der Frage: „Was verfolgst du mich?“ (Apostelgeschichte 9,4) Und Paulus wurde durch diese Begegnung umgehauen, wörtlich umgehauen: „er fiel auf die Erde“, steht im gleichen Vers.
Gott wird den Tod verschlingen? Paulus weiß mehr als Jesaja, und er hat gesehen, was der Prophet angekündigt hat. Deswegen schreibt er im 1. Korintherbrief: „Der Tod IST verschlungen in den Sieg.“ Und: „Gott aber sei Dank, der uns den Sieg gibt durch unseren Herrn Jesus Christus!“ (1.Korinther 15,54.57). Ostern ist unsere Hoffnung und Ostern ist Wirklichkeit. Und weil diese Wirklichkeit so umwerfend großartig ist, feiern wir sie.
Heute hat sich die Stärke unserer Feiern verschoben. Im Advent und an Weihnachten leuchten mehr Lichter und der Festtrubel geht vier Wochen lang. Die Geschenke nehmen manchmal unvorstellbare Ausmaße an.
In der Alten Kirche war das anders. Da war Ostern das wichtigste Fest im Jahr. Der Tod ist besiegt. Was kann es Größeres geben?
Klar – dass Jesus, der Sohn Gottes, als Mensch geboren wird, ist genauso wichtig. Die eine Wahrheit gibt es nicht ohne die andere. Die eine Geschichte geht gar nicht ohne die andere. Aber der Sieg über unsere Verlorenheit, die Befreiung von Schuld und der Sieg über den Tod sind der Höhepunkt in dieser ganzen Geschichte. Und das feiern wir. Darüber sind wir ausgelassen fröhlich.
Bei Jesaja wird das richtig, richtig fett. Ein Freudenfest, das nicht zu überbieten ist. In seinen Worten: „Und der Herr Zebaoth wird auf diesem Berge allen Völkern ein fettes Mahl machen, ein Mahl von reinem Wein, von Fett, von Mark, von Wein, darin keine Hefe ist.“ Ich sehe vor mir, wie sich die Tische biegen vor lauter leckerem Essen und wie die Kinder ihre Limo trinken und die Erwachsenen den Wein. Wahrscheinlich gibt es auch Kaffee und Kuchen und Eis zum Nachtisch oder Rote Grütze mit Vanillesauce.
Wenn die Menschen glücklich sind, wenn es ihnen gut geht, wenn das Leben richtig durchschlägt und pure Freude herrscht, dann wird geschlemmt. Dann gibt es keinen Hunger und keinen Durst mehr.
Da ist auch keiner mehr traurig und niedergeschlagen. Wer trauert, der verbirgt sich, der zieht sich zurück. Wer trauert, der bedeckt zu Jesajas Zeit und bis heute in manchen Kulturen sein Haupt. Aber das ist vorbei. Gott nimmt die Hülle weg. Die Menschen sollen sehen, das Gott da ist und sie liebt. Sie sollen sehen, dass er das Leben neu schafft. Sie sollen sehen, dass der Tod und alles Böse überwunden sind.
Und es wird auch nichts mehr zugehängt, was die Trauer stört. Alles wird freigelegt, was fröhlich macht. Das fängt für uns Karfreitag schon an. Denn da wird in dem Moment, in dem Jesus stirbt, der Vorhang zerrissen, der doch das Allerschönste und Allerheiligste bis jetzt verborgen hat (Matthäus 27,51). Endlich ist der Blick auf den heiligen Gott frei. Jeder darf zu ihm kommen.
An Karfreitag jubeln wir darüber noch nicht, obwohl wir wissen, dass Jesus durch seinen Tod die Trennung von Gott aufhebt. An Karfreitag schauen wir auf das Kreuz und sehen, wie viel Jesus gelitten hat. Aber heute, an Ostern, jubeln und feiern wir. Wir ahnen es. Wir sehen es angedeutet im leeren Grab. Wir sehen die vielen Lichter, die das Osterfest schmücken. An den Altären legen wir die hellste unserer liturgischen Farben auf – Weiß. Das Licht der Sonne, das Licht der Welt, Jesus leuchtet uns auf.
In manchen Kirchen wird ja am Karfreitag oder schon in der Heiligen Woche alles verhüllt – Kreuz und Altar werden zugedeckt, der Schmuck verschwindet. Aber an Ostern wird die ganze Pracht wieder gezeigt. So wird es sein, schreibt Jesaja. “Gott wird den Tod auf ewig verschlingen.”
Das Großartige: Das gilt allen Menschen. Das gilt allen Völkern. Es ist nicht nur die Hoffnung für sein Volk Israel, von der Jesaja schreibt. Sie umfasst die ganze Welt. Dass Jesus lebt, hat Auswirkungen für Alle. Jeder ist eingeladen, ihn zu finden, ihn anzunehmen. Jeder ist eingeladen, mit Gott zu feiern. Alle dürfen zu Gottes Familie, zu seinem Volk dazugehören. Keiner wird ausgeschlossen.
Noch ahnen wir es nur, weil der letzte Schritt noch aussteht: Jesus muss und wird sichtbar wieder auf die Erde kommen und den Tod für alle sichtbar beseitigen. Noch erleben Menschen Leid und Schmerz. Noch weinen Menschen, trauern um einen Angehörigen. Aber das wird aufhören. Und die Hoffnung darauf, dass Gott das sichtbar für alle wahrmacht, was Jesaja vorhersagt, wirkt jetzt schon.
Und deswegen können und sollen wir heute schon feiern und fröhlich sein. Deswegen ist Ostern ein so wichtiges Fest und wir können uns dabei richtig ins Zeug legen. „Lasst uns jubeln und fröhlich sein über sein Heil.“ Das ist in diesem Maß nicht immer dran. Aber es gibt Tage, es gibt Momente, da sollen und dürfen wir damit nicht hinterm Berg halten. Da ist es sogar notwendig, weil wir die Hoffnung brauchen. Weil wir die Welt auch heute nicht dem Bösen und dem Tod überlassen dürfen. Ostern ist solch eine Zeit.
Lasst euch nicht verbieten, von dem Leben zu erzählen und vom Leben zu schwärmen, das Gott zusagt. Lasst euch nicht verbieten, von Jesus begeistert zu sein und von der Liebe, die er uns schenkt. Erzählt davon. Ermutigt euch gegenseitig mit der Gewissheit, dass Jesus lebt, und mit der Hoffnung, dass Gottes Zukunft großartig und unvergleichlich sein wird. „Der Tod IST verschlungen in den Sieg.“ Und wo es dran ist und möglich, tragt diese Hoffnung zu den Menschen um euch herum. Die Zeit ist da, dass wir diese Hoffnung sehen lassen.