“Ewige Freude” heißt die Überschrift zum Abschluss der Allianzgebetswoche 2023.
Ein paar Gedanken dazu aus dem Abschlussgottesdienst in Wittenberg.
Psalm 126,4–6
HERR, bringe zurück unsre Gefangenen, wie du die Bäche wiederbringst im Südland. Die mit Tränen säen, werden mit Freuden ernten. Sie gehen hin und weinen und tragen guten Samen und kommen mit Freuden und bringen ihre Garben.
Ewige Freude — Gedanken zu Psalm 126
Joy – damit meine Freude sie ganz erfüllt. Die Allianzgebetswoche geht heute zu Ende. Eine Woche voller Gebet, begleitet und geleitet von der großen Freude, die über allem Beten und über allem Glauben steht. Ganz erfüllt von Freude. Gott erfüllt unsere Herzen mit seiner Freude und gibt uns vielerlei Gaben zum Leben. So haben wir in der Apostelgeschichte gelesen (Apostelgeschichte 14,17).
Besondere Freude bricht heraus, wenn wir auf Jesus schauen. Das ging schon dem noch ungeborenen Johannes so, als seine Mutter Elisabeth und die Mutter Jesu sich begegneten, beide schwanger (Lukas 1,44.45).
Freude, so haben wir uns erinnern lassen, ist eine Frucht des Heiligen Geistes. Wer von Gottes Geist bewegt und durchdrungen ist, wer den Geist Gottes atmet, ist damit auch erfüllt von einer tiefen Freude (Galater 5,22).
Dass sie sogar zum Auftrag, zur Aufgabe wird, mag uns im ersten Moment befremden. Freude kann man doch nicht befehlen. Aber es geht nicht um einen Befehl, dem das Herz nicht nachkommen kann. Es geht darum, dass wir uns Gott, seiner Liebe und seiner Herrlichkeit immer wieder zuwenden. Es geht darum, Jesus immer wieder anzuschauen, Grund und Ursache für unser Leben und für die Freude in unseren Herzen (Philipper 4,4).
Freude wächst im Miteinander von Menschen. Besonders dort, wo sie eine gemeinsame Quelle und Basis für ihre Freude haben. Freuen wir uns so sehr an der Gemeinschaft? Diese Woche war davon bestimmt und heute noch einmal sind wir auch in einem Raum zusammen. Lassen wir diese Freude weiterwachsen. Schauen wir weiter aufeinander, über die Grenzen unserer Häuser hinweg. Wir sind eins in Wittenberg. Darüber können wir uns freuen. Und gewiss können wir das auch weiter einüben (Apostelgeschichte 2,46–47).
Eine großartige Entdeckung – oder Wiederentdeckung? – ist die Freude, die im Himmel herrscht, wenn ein Mensch sich zu Gott umdreht. Da feiern die Engel eine Party, wenn ein Mensch durch Jesus frei wird, Schuld und Last loswird und auflebt (Lukas 15,10).
Sogar dort, wo Menschen Schweres zu tragen haben, kann Freude sein. Wenn wir einander helfen, eine Last zu tragen, vermag das ein Herz zu erfreuen (1. Korinther 12,24–26).
Und heute das große Finale: Ewige Freude. So führt die Reihe der Themen durch diese Woche auf ihr Ziel. Der 126. Psalm gibt uns den Denkanstoß dazu.
Freude gibt es im Rückblick. Ich bin immer noch begeistert vom vergangenen Wochenende. Wir waren zu einer Konferenz in Augsburg, zu der das Gebetshaus Augsburg eingeladen hatte. Gebetshaus: Dort wird 24 Stunden an jedem Tag der Woche rund um die Uhr gebetet. Seit September 2011 ist das so. Manchmal einzelne, manchmal ein Raum voller Menschen, 40 oder 60 oder so loben Gott, singen für ihn, werden still vor ihm, beten laut oder in ihren Herzen. Vor Corona fand die letzte Konferenz mit über 12.000 Besuchern statt, 60.000 folgten dem Livestream.
Dieses Jahr hieß die ehemalige „mehr-Konferenz“ die „weniger-Konferenz“ und war endlich wieder live vor Ort (s. Titelfoto). Wegen des großen Interesses wurde sie an 2x2 Tagen gefeiert mit insgesamt 4.000 Menschen. Das war sehr erhebend, Samstag und Sonntag mit rund 2.000 Menschen in der Messehalle in Augsburg zusammen zu sein. An beiden Tagen holte uns fantastischer Lobpreis in Gottes Gegenwart hinein. So habe ich es erlebt. Das hat schon was, wenn 2.000 Menschen singen und beten und Gott loben und ihn feiern. Gute Vorträge an beiden Tagen, vieles zum Nachdenken, und immer wieder Gott loben und anbeten. Ich könnte noch eine Weile weiterschwärmen. Zwei Tage voller Begeisterung. Und dann fuhren wir zurück nach Wittenberg. “schmunzel”.
Wer mich schon eine Weile kennt weiß, dass ich gerne hier bin. Denn auch hier sind fantastische, freundliche, wunderbare Menschen. Und Wittenberg ist eine tolle Stadt. Deswegen schmunzele ich auch bei dem Satz. Aber das kennt ihr gewiss ja auch. Wir haben solche Erlebnisse in uns: ein geniales Konzert, ein Kirchentag, ein Christival oder eine EC-Tagung, Besuch in Taizé in Frankreich mit tausenden Menschen, eine Fahrt mit Alexander Garth nach Israel. Es ist gut, wenn wir solche Freudenmomente erleben und uns daran erinnern.
Wir waren wie in einem Traum, als der Herr das Schicksal Zions zum Guten wendete: Da füllte Lachen unseren Mund, und Jubel löste uns die Zunge. Da sagte man unter den Völkern: »Der Herr hat Großes an ihnen getan!« Ja, der Herr hat Großes an uns getan! Wir waren in einem Freudentaumel.
So beginnt der 126. Psalm in der Übersetzung der Basisbibel. Freudentaumel. Die Gefangenen Zions, die Exilanten kehren nach Hause zurück. Festivalstimmung vor zweieinhalb Tausend Jahren. Daran denkt man gern zurück. Hier gibt die Erinnerung Kraft und Hoffnung. So viel Gutes ist geschehen. Gutes, das uns heute noch motivieren kann.
Ist es schon ausgelutscht, dass wir immer wieder an die Wende erinnern? Freudentaumel auf der Mauer, an den Grenzübergängen ungläubig staunende jubelnde Menschen. Alles, was seitdem schiefgegangen ist, trübt die Stimmung, lässt sie mittlerweile sogar kippen. So sehr kippen, das rechtsgerichtete, ewig gestrige die Freiheit und Demokratie eine Diktatur nennen.
Die Kraft, die die Freiheitsbegeisterung mit sich brachte, ist aufgebraucht. Geht uns das im Privaten und im Glauben auch so?
Was waren wir fröhlich in Augsburg. Und dann hatte die Arbeitswoche uns wieder. Wie war das mit euch, als ihr vielleicht Jesus entdeckt hattet und total begeistert von ihm wart? Konntet nicht still sein und habt jedem davon erzählt, ob er’s hören wollte oder nicht. Wie war das, als eine ganze Jugendgruppe sich für Jesus entschied? So ein Jubel, so ein Aufbruch, ein ganzer Stadtteil zehrt davon. Was ist davon übrig? Was hat die Freude gefangen genommen? Was hat die Kraft dieser Erfahrung gelähmt?
Den Psalmenjublern geht es ähnlich. Denn nicht alles ist Freude. Und die Vergangenheit ist halt auch vergangen, sie ist nicht jetzt, nicht Gegenwart. Aber für eines bleibt die Erinnerung an das Gute unbedingt nötig: Sie sagt uns, dass Gott hilft. Die Erinnerung sagt uns, dass Gott da ist, dass er uns sieht. So hilft uns in diesem Jahr ja die Jahreslosung, die Erinnerung wachzuhalten und zu hoffen und zu glauben: “Du bist ein Gott, der mich sieht (Genesis 16,13).
Und nun? Die Psalmensänger bitten Gott: Bring unsere Gefangenen zurück. Da sind immer noch welche, die ohne Hoffnung leben. Und womöglich hat uns die Resignation gerade selbst erwischt, wieder eingefangen. Bring die Hoffnungslosen zurück zur Hoffnung. Bring uns zurück zum Mut, zum Vertrauen auf dich, Gott.
Und dann folgt eine Verheißung, die auch aus der Erfahrung geboren ist:
Die mit Tränen säen, werden mit Freuden ernten. Sie gehen hin und weinen und tragen guten Samen und kommen mit Freuden und bringen ihre Garben.
Das haben wir schon erlebt. Vergesst es nicht. Seid dankbar. Und schaut mit diesem Wissen und der Verheißung in die Zukunft. Ewige Freude spricht uns Gott in unser Herz hinein. Alle Freudenmomente und Anlässe und Situationen, die wir in dieser Woche kennengelernt oder wieder entdeckt haben, gehören dazu. Und die vollkommene Freude wartet auf uns, wenn wir Jesus sehen, von Angesicht zu Angesicht, in seiner ewigen, unglaublich schönen, vollkommenen Herrlichkeit.
Mir ist noch im Herzen, was Theo Schneider am Mittwoch bei unseren Gesprächen über unsere Erfahrungen mit der Freude sinngemäß sagte: Wir sollten nicht so sehr auf unsere Stimmungen und Gefühle schauen. Jesus steht im Mittelpunkt, den müssen wir in den Blick nehmen. An dem richten wir uns aus. Auf den hoffen wir. Ich bin sehr dankbar für diese Erinnerung und Blickkorrektur. Worauf warten wir? Was erwarten wir? Schauen wir auf die ganzen Endzeitprophezeinugen und die Weltuntergangsstimmung? Da kann man blind und stumpf werden, die Freude und das Leben dabei verlieren. Oder nehmen wir die Zusagen Jesu in den Blick, schauen ihn selbst an? Jesus erzählt selbst vom Hochzeitsmahl, zu dem wir eingeladen sind – als Gäste und sogar als die Braut (Lukas 14,16–24). Gott ist der Gastgeber. Und in dieser fröhlichen, feiernden Stadt – das Bild aus der Offenbarung des Johannes – wischt Gott selbst die Tränen ab. Der Gastgeber wendet sich uns persönlich zu (Offenbarung 21).
Wir sitzen mit Jesus am Tisch – und es wird keine Abschiedsstimmung sein wir vor seiner Gefangennahme und Kreuzigung. Wir werden feiern ohne Ende. Eine „weniger-„ oder „mehr-Konferenz“, ein Kirchentag, Luthers Hochzeit oder das Reformationsfest sind dagegen dunkelstes Mittelalter. Auch unsere Freude im Augenblick einer solchen Fete oder im Rückblick und der noch frohen, begeisterten Erinnerung sind dagegen nur ein kleines, flackerndes Licht.
Die Psalmbeter laden uns ein, der Vorfreude mehr Raum zu geben. Wir werden mit Freuden ernten. Wir werden guten Samen tragen. Wir werden die Ernte fröhlich zusammentragen. Gehen wir zum Beispiel auf Weihnachten zu, gibt’s die Vorfreude. Wir feiern schon im Advent und freuen uns an jedem Licht, das die Nacht heller macht.
Warum noch mal vergessen wir, dass uns ein noch viel größeres Fest erwartet? Diese Vorfreude könnte uns doch heute tragen und anstecken, oder? Wir verschieben die Freude ja nicht auf den Sankt-Nimmerleinstag. Wir weichen der Wirklichkeit damit ja nicht aus. Im Gegenteil. Wir holen mit der Vorfreude auf Gottes herrliche Zukunft seine Wirklichkeit in unseren Alltag hinein.
Ja es stimmt: Manche, viele, wir säen durchaus mit Tränen. Das darf niemand klein reden. Not muss beim Namen genannt werden, Trauer braucht Zeit und hat ihr Recht. Doch lassen wir nicht zu, dass Gottes Wirklichkeit dadurch verdrängt wird. Jesus kommt. Wir kommen an. Schauen wir Jesus an. Der ist bei uns, mitten unter uns, in uns. Der gibt uns Zukunft und Leben und Freude, die jetzt schon sind, Wirklichkeit sind. Vorfreude, schönste Freude – das soll kein einlullendes, nichtssagendes Adventsgedudel sein. Unsere Freude hat eine unumstößliche, ewige Grundlage: Jesus.
Und deswegen ist unsere Freude eine ewige Freude. Sie hält das Gute aus der Vergangenheit in dankbarer Erinnerung. Sie schafft in der Gegenwart Freudenmomente. Und in der Zukunft ist sie nicht mehr zu überhören oder zu übersehen.
„… damit meine Freude sie ganz erfüllt“ (Johannes 17,13) – das ist das Gebet Jesu für uns, sein Wunsch für uns. Da will ich zugreifen. Das ist mein Fundament.