Zukunft. Jetzt!

eine Pre­digt zum Ewigkeitssonntag

Im Got­tes­dienst wur­den Evan­ge­li­um und Pre­digt­text gelesen.

Mat­thä­us 25,1–13

Dann wird das Him­mel­reich glei­chen zehn Jung­frau­en, die ihre Lam­pen nah­men und gin­gen hin­aus, dem Bräu­ti­gam ent­ge­gen. Aber fünf von ihnen waren töricht und fünf waren klug. Die törich­ten nah­men ihre Lam­pen, aber sie nah­men kein Öl mit. Die klu­gen aber nah­men Öl mit in ihren Gefä­ßen, samt ihren Lam­pen. Als nun der Bräu­ti­gam lan­ge aus­blieb, wur­den sie alle schläf­rig und schlie­fen ein. Um Mit­ter­nacht aber erhob sich lau­tes Rufen: Sie­he, der Bräu­ti­gam kommt! Geht hin­aus, ihm ent­ge­gen! Da stan­den die­se Jung­frau­en alle auf und mach­ten ihre Lam­pen fer­tig. Die törich­ten aber spra­chen zu den klu­gen: Gebt uns von eurem Öl, denn uns­re Lam­pen ver­lö­schen. Da ant­wor­te­ten die klu­gen und spra­chen: Nein, sonst wür­de es für uns und euch nicht genug sein; geht aber zu den Händ­lern und kauft für euch selbst. Und als sie hin­gin­gen zu kau­fen, kam der Bräu­ti­gam; und die bereit waren, gin­gen mit ihm hin­ein zur Hoch­zeit, und die Tür wur­de ver­schlos­sen. Spä­ter kamen auch die andern Jung­frau­en und spra­chen: Herr, Herr, tu uns auf! Er ant­wor­te­te aber und sprach: Wahr­lich, ich sage euch: Ich ken­ne euch nicht. Dar­um wachet! Denn ihr wisst weder Tag noch Stun­de. 

Jesa­ja 65,17–19.23–25

Denn sie­he, ich will einen neu­en Him­mel und eine neue Erde schaf­fen, dass man der vori­gen nicht mehr geden­ken und sie nicht mehr zu Her­zen neh­men wird. Freu­et euch und seid fröh­lich immer­dar über das, was ich schaf­fe. Denn sie­he, ich erschaf­fe Jeru­sa­lem zur Won­ne und sein Volk zur Freu­de, und ich will fröh­lich sein über Jeru­sa­lem und mich freu­en über mein Volk. 
Man soll in ihm nicht mehr hören die Stim­me des Wei­nens noch die Stim­me des Kla­gens. Sie sol­len nicht umsonst arbei­ten und kei­ne Kin­der für einen frü­hen Tod zeu­gen; denn sie sind das Geschlecht der Geseg­ne­ten des HERRN, und ihre Nach­kom­men sind bei ihnen. Und es soll gesche­hen: Ehe sie rufen, will ich ant­wor­ten; wenn sie noch reden, will ich hören. Wolf und Lamm sol­len bei­ein­an­der wei­den; der Löwe wird Stroh fres­sen wie das Rind, aber die Schlan­ge muss Erde fres­sen. Man wird weder Bos­heit noch Scha­den tun auf mei­nem gan­zen hei­li­gen Ber­ge, spricht der HERR.

„Alles ein­stei­gen, es geht los!“ Egal ob Klas­sen­fahrt, Gemein­de­aus­flug oder Grup­pen­rei­se – so ähn­lich heißt es ja oft, wenn die Grup­pe nun los­fah­ren will. Und dann kommt meist der Klas­si­ker: „Ich muss aber noch mal auf Toi­let­te.“ Oder: „Ich hab‘ was ver­ges­sen.“ Nor­ma­ler­wei­se war­ten dann alle andern 49 inklu­si­ve Bus­fah­rer gedul­dig, manch­mal belus­tigt, manch­mal genervt, bis das, was man auch vor zehn Minu­ten hät­te bemer­ken kön­nen, end­lich erle­digt und geklärt ist.
Im öffent­li­chen Nah­ver­kehr geht es nicht immer so kulant zu. Klar. Da sind Fahrt­zei­ten ein­zu­hal­ten, die auch recht knapp bemes­sen sind. Da bleibt auch mal ein Fahr­gast an der Hal­te­stel­le ste­hen, weil er selbst mit einem Sprint nicht mehr recht­zei­tig kam.
Gos­pels sin­gen gern von der Ewig­keit, vom neu­en Him­mel, von einem bes­se­ren Leben. So kommt eine Kut­sche und fährt Men­schen nach Hau­se – „Swing low, sweet cha­ri­ot“. Oft wird auch von Zügen gesun­gen, vom Gos­pel­train etwa, also vom Zug der Guten Nach­richt. „Steigt ein, Kin­der, da ist noch Raum für vie­le ande­re“, heißt es im Refrain.  Hät­te es zur­zeit Jesu schon Züge gege­ben, hät­te er viel­leicht nicht von Lam­pen und Braut­jung­frau­en erzählt, son­dern vom Gos­pel­train. Wer weiß.

Ewig­keits­sonn­tag. Ein Sonn­tag an der Gren­ze von Altem und Neu­em. Nächs­te Woche geht das Kir­chen­jahr von vor­ne los – Advent, Weih­nach­ten, Pas­si­on, Kar­frei­tag, Ostern, Pfings­ten; und irgend­wann dann wie­der letz­ter Sonn­tag im Rei­gen des Kir­chen­jah­res. Wir bli­cken zurück. Heu­te den­ken wir beson­ders an die Men­schen, die im ver­gan­ge­nen Kir­chen­jahr gestor­ben sind. Aber wir bli­cken auch vor­aus. Denn Chris­ten wer­den von einer Hoff­nung ange­trie­ben, die sie nicht still­ste­hen lässt, solan­ge das Ziel noch nicht erreicht ist. Die­ses Ziel malt uns heu­te der Pro­phet Jesa­ja vor Augen. Und man­che füh­len sich durch sei­ne Wor­te auch an die Offen­ba­rung des Johan­nes erin­nert. Gott schafft einen neu­en Him­mel und eine neue Erde.
Welch fan­tas­ti­sche und gute Welt muss das sein, die da kommt? Eine Welt, in der Wei­nen und Kla­gen nicht mehr zu hören sind. Selbst hier in unse­rem Land, das nicht von Krieg erschüt­tert ist und wo Men­schen nicht unter einer Dik­ta­tur zu lei­den haben, wird geweint und geklagt. Es gibt genug Not. Da müs­sen wir nicht ein­mal auf die Fried­hö­fe gehen. Man­cher fragt sich, wie er den neu­en Tag, den neu­en Monat schaf­fen soll, weil das Geld nicht reicht. Oder wie sie die­se Woche klar­kom­men soll, weil ein­fach alles weh tut. Oder einer traut sich nicht mehr auf die Stra­ße, weil ande­re über ihn lachen und auch herfallen.
Wei­nen und Kla­gen sol­len nicht mehr zu hören sein. Jesa­ja nimmt Bil­der aus dem Tier­reich zu Hil­fe: Wolf und Lamm wei­den bei­ein­an­der, der Löwe frisst Stroh wie das Rind. Etli­che Kapi­tel vor­her, in Kapi­tel 11 geht Jesa­ja noch wei­ter: ein Kind lei­tet eine Her­de aus Käl­bern und Löwen auf die Wei­de und es spielt am Erd­loch einer Nat­ter. Kuh und Bärin genie­ßen gemein­sam den Son­nen­schein und ihre Jun­gen tol­len mit­ein­an­der auf der Wie­se. Hei­le Welt.
Manch­mal ent­flie­hen wir in solch hei­le Wel­ten – mit den ent­spre­chen­den Roma­nen geht das oder bei Volks­mu­sik­fes­ten oder schö­nen Fil­men. Zugleich wis­sen wir: Das hält nicht. Das gibt es ja nicht ein­mal. Es ist aus­ge­dacht. Sogar die schö­ne Welt von Volks­lie­dern alter Mach­art ist aus­ge­dacht und nicht real. Am Brun­nen vor dem Tore – da steht schon lan­ge kein Lin­den­baum mehr, an dem sich Jung und Alt tref­fen. Und so wer­den wir manch­mal auch bei den Bil­dern von Jesa­ja oder Johan­nes miss­trau­isch. Zu viel versprochen?
Ob wir hier und da ver­ges­sen zu unter­schei­den, wer solch ein Ver­spre­chen abgibt?  Unse­re fal­schen hei­len Wel­ten bas­teln wir uns selbst. Und des­we­gen zer­bre­chen sie auch – weil wir selbst mit viel Geld nicht die Mit­tel haben, sie zu ver­wirk­li­chen. Es bleibt immer Dis­ney­land und Hei­mat­film. Gar einen neu­en Him­mel und eine neue Erde bekom­men wir nicht hin. Wir kön­nen froh sein, wenn wir die alte Erde nicht wei­ter zerstören.
In den Hoff­nungs­bil­dern der Bibel ist es ein ande­rer, der Neu­es schafft: Gott. Über was ich wie­der gestol­pert bin, ist viel­leicht nur eine Spie­le­rei mit Wor­ten. Aber mich begeis­tert es. Es ein Verb im ers­ten Teil der Bibel, das nur Gott vor­be­hal­ten ist. Wenn in der deut­schen Bibel steht, dass Gott etwas schafft, dann steht im Ori­gi­nal dort „bara“. Für Men­schen gibt es vie­le ande­re Wör­ter von „machen“ bis zum „tun.“ Aber die­ses eine „schaf­fen“ ist Gott vor­be­hal­ten. Dem­entspre­chend wirkt es auch. Gott schafft Him­mel und Erde. Und die haben Bestand, solan­ge er das will. Er schafft Gerech­tig­keit und Frie­den und Ver­ge­bung. Das gilt. Die­ses Wört­chen gebraucht auch Jesa­ja. Es ist Got­tes Werk, auf das er blickt. Und weil Gott selbst das schafft, wird es wer­den und hat Bestand. Das ist die Hoff­nung. Was aber kann die­se Hoff­nung bewirken?

Ich bin bei zwei Wir­kun­gen hän­gen geblie­ben, die ich jetzt schon vor­fin­de und manch­mal erle­be. Die eine hat mit mei­nem Inne­ren zu tun, mit dem Her­zen. Man wird „der vori­gen (Erde) nicht mehr geden­ken und sie nicht mehr zu Her­zen neh­men“, über­setzt Mar­tin Luther. Span­nen­der und genau­er aber ist die Über­set­zung von zwei jüdi­schen Phi­lo­so­phen: Mar­tin Buber und Franz Rosen­zweig. Die über­setz­ten so: „nicht gedacht wird mehr des Frü­hern, nicht steigts im Her­zen mehr auf.“
Ken­nen Sie das? Dass einem manch­mal etwas Übel auf­steigt? Irgend­wie gibt es etwas, das noch tie­fer liegt als unser Herz – und das ist nicht nur ana­to­misch so. „Bei der Sache habe ich Bauch­schmer­zen,“ so sagen man­che ja, wenn sie eine unan­ge­neh­me, schwie­ri­ge Ent­schei­dung vor sich haben oder eine Situa­ti­on, der sie auch gar nicht aus­wei­chen kön­nen und die so völ­lig undurch­sich­tig ist. Das liegt tie­fer als unser Herz. Die­ses Gefühl kommt aus dem Bauch. Dar­an muss­te ich den­ken, als ich die Über­set­zung von Buber/Rosenzweig las. „nicht steigts im Her­zen mehr auf.“
Manch­mal erle­be ich das und weiß es auch von ande­ren: Da kann ich Frie­den mit einer Sache haben; sie steigt nicht mehr auf. Ich kann sie los­las­sen, abge­ben, davon frei sein; sie bedrängt mich nicht mehr. Viel­leicht kann das sogar heu­te bei uns so sein oder in den fol­gen­den Tagen und Wochen so wer­den, dass wir auch in der Trau­er die­sen Trost erle­ben: Ich kann mei­nen Frie­den fin­den damit, dass ein Mensch, ein Ver­wand­ter, ein Freund, eine Bekann­te, gestor­ben ist. Weil ich sie oder ihn in Got­tes Hand los­ge­ben kann. In die Hand des­sen, der das Leben ver­spricht. Und der es auch ver­spre­chen kann, weil er selbst das Leben und die Lie­be ist, in Per­son. Da muss ich nicht auf einen neu­en Him­mel und eine neue Erde war­ten. Das kann ich schon jetzt erle­ben: Gott trös­tet mich. Gott trägt mich. Wenn ich mich ihm anver­traue, lässt er Böses und Schwe­res nicht in mir auf­stei­gen und mir die Luft abschnü­ren, das Herz zudrü­cken. Er befreit mich von die­sem Alp­druck und gibt mir neu­en Atem. Er schafft neu­es Leben und Glück. Er gibt Hoff­nung und Frieden.

Das ande­re, an dem ich hän­gen geblie­ben bin, ist weni­ger eine Wir­kung als eine Zusa­ge, die mich hof­fen und beten und ver­trau­en lässt. Gott hört, bevor ich über­haupt rufe. „Ehe sie rufen, will ich ant­wor­ten; wenn sie noch reden, will ich hören“, so hat es Jesa­ja auf­ge­schrie­ben. Gott ist schon längst da. Er steht schon immer auf mei­ner Sei­te. Ich grü­be­le noch, suche nach Wor­ten für ein Gebet, ver­har­re in einem Stoß­seuf­zer – und Gott hat schon lan­ge die Ant­wort dar­auf, selbst wenn ich sie noch gar nicht hören kann.
Manch­mal sehen Men­schen das im Rück­blick auf eine Situa­ti­on. Und sie stau­nen, wie sich eine Sache geklärt hat. Sie ent­de­cken: Da war schon etwas ange­bahnt, ehe ich mir über­haupt über die Schwie­rig­keit im Kla­ren war. Es gab schon einen Lösungs­an­satz, bevor ich die Fra­ge über­haupt in mir ver­nom­men hatte.
Als ich vor gut zwan­zig Jah­ren mit dem Vika­ri­at fer­tig war, stell­te mei­ne dama­li­ge Kir­che in Hes­sen fast kei­ne Pfar­re­rin­nen und Pfar­rer ein. Ich hat­te aber noch gar nicht recht zu über­le­gen ange­fan­gen, als einer auf mich zukam und frag­te, ob wir mit nach Trög­litz gehen wür­den, etwas aus­pro­bie­ren, was Kirch­li­ches. Er hat­te da schon den alten Gast­hof gekauft und das Augen­merk auch auf einen alten Vier-Sei­ten-Hof gegen­über gelegt. Ich war noch gar nicht rich­tig bei der Fra­ge ange­kom­men, was ich als fer­ti­ger Pfar­rer mal mache, wenn die Hes­sen mich nicht ein­stel­len, und hier stand schon ein Hof bereit und eine Arbeit. Damals und auch heu­te war das für mich ein Zei­chen dafür, dass Gott Din­ge vor­be­rei­tet, schon bevor wir uns Sor­gen machen. Nur – manch­mal dau­ert es, bis wir das mer­ken. Und oft sehen wir es erst im Rück­blick, wenn sich Din­ge geklärt haben.

Ewig­keits­sonn­tag. Der beginnt beim Aus­blick und nicht beim Rück­blick. Da kommt noch etwas. Da kommt Gott selbst und schafft eine neue Welt. Und die wird so sein, dass Altes nicht mehr in unser Herz auf­stei­gen kann. Gott ist schon längst am Werk – in die­ser Zeit, in die­sen Tagen – damit die­se neue Welt auch Wirk­lich­keit wird. Ein Stück kön­nen wir vor­weg­neh­men. Dazu lädt uns der Ewig­keits­sonn­tag ein. Hoff­nung kann uns moti­vie­ren und beflü­geln. Lebt von der Hoff­nung her! Macht sie wie­der stark in euch. Gott selbst han­delt. Und kommt mit dem, was euch beschäf­tigt, zu ihm! Er hat es schon längst im Blick und war­tet nur dar­auf, dass er euch geben kann, was ihr braucht.
Das Bes­te kommt noch, weil Gott selbst es bringt. Amen.

 

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