Wie aus dem Ei gepellt

Wie aus dem Ei gepellt – Neu­es vom Auferstandenen
Gedan­ken zu Ostern beim Got­tes­dienst church@night

Was sagt eigent­lich Diet­rich Bon­hoef­fer über Ostern? Ein paar Zitate:

  • Die christ­li­che Auf­er­ste­hungs­hoff­nung unter­schei­det sich von der mytho­lo­gi­schen dar­in, dass sie den Men­schen in ganz neu­er Wei­se an sein Leben auf der Erde ver­weist. (DBW 8, S. 500. Wider­stand und Ergebung)
  • Nicht von Unsterb­lich­keit ist Ostern die Rede, son­dern von Auf­er­ste­hung, Auf­er­ste­hung vom Tode. (DBW 10, S. 464. Bar­ce­lo­na, Ber­lin, Ame­ri­ka 1928–1931)
  • Jesus Chris­tus ist die Wei­te unse­res Lebens. Jesus Chris­tus ist die Mit­te unse­rer Gemein­schaft. Jesus Chris­tus ist bei uns bis an der Welt Ende. Das dan­ken wir Ostern. (DBW 10, S. 473. Bar­ce­lo­na, Ber­lin, Ame­ri­ka 1928–1931)
  • Chris­tus ist nicht in die Welt gekom­men, dass wir ihn begrif­fen, son­dern dass wir uns an ihn klam­mern, dass wir uns ein­fach von ihm hin­ein­rei­ßen las­sen in das unge­heu­re Gesche­hen der Auf­er­ste­hung. (DBW 11, S. 432. Öku­me­ne, Uni­ver­si­tät, Pfarr­amt, 1931-193)
  • Das ist das Ende. Für mich der Beginn des Lebens. (DBW 16, S. 468. Letz­te Wor­te, (8.)9. April 1945, über­lie­fert durch Pay­ne Best an Bischof Geor­ge Bell)
  • An Ostern hängt unser Leben. (DBW 10, S. 461. Bar­ce­lo­na, Ber­lin, Ame­ri­ka 1928–1931)

Ange­dacht

Was wäre, wenn? Nur mal ange­nom­men, Jesus wäre nicht von den Toten auf­er­stan­den. Der Gedan­ke ergibt zwar kei­nen Sinn – immer­hin fei­ern wir seit 2000 Jah­ren genau die­se Auf­er­ste­hung – aber doch mal ange­nom­men. Was wäre, wenn Jesus gar nicht von den Toten auf­er­stan­den wäre? Dann hät­ten wir kein Ostern, kei­ne Feri­en, kei­nen frei­en Oster­mon­tag. Gewiss wäre auch der Kar­frei­tag kein Fei­er­tag, denn wer will die­sen Tag fei­er­lich bege­hen, ohne Ostern als fröh­li­ches, hoff­nungs­vol­les Ziel? Ich bin mir sicher, dass wir dann auch kein Weih­nachts­fest hät­ten. Das mag sich nicht sogleich erschlie­ßen. Aber im End­ef­fekt wäre es so.
Die­se unmög­li­che Annah­me ist übri­gens nicht neu. Einer der klügs­ten Köp­fe in den Anfangs­ta­gen der Chris­ten hat sie sich und sei­nen Lesern auch gestellt: Pau­lus. Dem war in einer Gemein­de ein ekla­tan­ter Wider­spruch auf­ge­fal­len (1. Korin­ther 15,12 ff.). Dort wur­de – wie bei uns auch – mit allem Ernst gepre­digt, dass Jesus von den Toten auf­er­stan­den sei. Und nach nur einem Atem­zug sag­ten dort viel­leicht die glei­chen Leu­te: „Aber eine Auf­er­ste­hung der Toten gibt es gar nicht. Die ist nicht vor­stell­bar. So etwas hat noch nie jemand beob­ach­tet. Tot ist tot“. Das war so ca. 50 nach Chris­ti Geburt in Korinth. Und nicht nur Pau­lus steht der Mund offen. „Merkt ihr“, schreibt er den Chris­ten in Korinth, „wie blöd das ist? Wenn der Tod das letz­te, abso­lut letz­te Wort hat, dann kann nicht mal Jesus leben.“

Das wäre aber ziem­lich pein­lich. Pau­lus denkt die Fol­gen also ein­mal durch. Jesus ist immer noch tot? Dann macht die gan­ze Geschich­te von ihm kei­nen Sinn – und zwar von Weih­nach­ten an. Denn angeb­lich kommt Weih­nach­ten der Sohn Got­tes zur Welt, der die Welt erret­ten soll. Und zwar letzt­lich vom Tod! Das wäre dann aber gar nicht mög­lich, gar nicht wahr gewor­den. Dann wäre auch alles falsch, was Pau­lus erzählt und geschrie­ben hat. Die Pre­dig­ten? Gelo­gen. Die Kir­che? Wozu soll­te sie da sein? Der Glau­be? Sinn­los. Hoff­nung? Nicht vor­han­den. Und Leben? Das wäre und blie­be von vor­ne­her­ein dem Unter­gang geweiht. Ziem­lich düster.
Sein Fazit nach die­sen Über­le­gun­gen: „Wenn die Hoff­nung, die Chris­tus uns gege­ben hat, nicht über das Leben in der jet­zi­gen Welt hin­aus­reicht, sind wir bedau­erns­wer­ter als alle ande­ren Men­schen.“ (1. Korin­ther 15,19 Neue Gen­fer Über­set­zung) Bei der Fra­ge nach Ostern geht es also schlicht ums Leben. Oder wie Diet­rich Bon­hoef­fer es gesagt hat: „An Ostern hängt unser Leben.“

Ein­la­dung zu einem klei­nen Exkurs: Leug­ner und Bekämp­fer der Auf­er­ste­hung und eini­ge ihrer Argumente
1. Jesus war nicht wirk­lich tot, er war nur ziem­lich ohn­mäch­tig, scheintot.
Wer so argu­men­tiert, traut römi­schen Sol­da­ten wenig zu. Die waren Pro­fis im Töten. Eine Hin­rich­tung durch römi­sche Krie­ger über­lebt nie­mand. Erst recht nicht eine Kreu­zi­gung. Aber selbst wenn noch ein Hauch Leben in Jesus sein soll­te – was unvor­stell­bar ist: spä­tes­tens, wenn man so einem Men­schen ein Tuch um den Kopf wickelt und ihn in ein kal­tes Fel­sen­grab legt, ist es aus mit ihm.
2. Das Grab war über­haupt nicht leer, Jesus liegt noch drin.
Jesus hat­te so erbit­ter­te Geg­ner, die lie­ßen ja sogar das Grab bewa­chen, damit nie­mand eine Auf­er­ste­hung vor­täuscht. Sobald auch nur einer behaup­tet, dass die­ser Jesus von den Toten auf­er­stan­den ist, gehen die doch zum Grab, öff­nen es und schau­en nach. Aus der Traum. Schluss mit der Lügengeschichte.
3. Der Leich­nam wur­de gestohlen.
Aha. Das Grab war von römi­schen Sol­da­ten bewacht. Schon bei der Bun­des­wehr ist Schla­fen auf Wache in abso­lut fried­li­chen Zei­ten ein Ver­ge­hen, das zumin­dest gewal­ti­gen Ärger ein­bringt. Ein römi­scher Sol­dat wäre wohl auf die Galee­re geschickt wor­den – oder Schlim­me­res. Außer­dem hät­ten die Geg­ner Jesu eine sehr inten­si­ve Suche durch­ge­führt. Einer der Jün­ger wäre bestimmt schwach gewor­den, so wie Judas und auch der mutig-fei­ge Petrus. Der Schwin­del wäre aufgeflogen.

Außer sol­chen Schein­grün­den gegen die Auf­er­ste­hung, die nicht stich­hal­tig sind, gibt es auch Beob­ach­tun­gen, die für eine Auf­er­ste­hung sprechen.
1.  Tat­sa­che ist: Die Rede vom Auf­er­stan­de­nen Jesus dreht in Win­des­ei­le die Run­de ums Mit­tel­meer, durch die gan­ze bekann­te anti­ke Welt. Sie wird ver­brei­tet von Nach­fol­gern, die am Kar­frei­tag alle­samt so viel Angst hat­ten, dass man sie nicht mehr auf der Stra­ße sah. Woher auf ein­mal die­ser Mut? Und: Die­ser Mut war echt lebens­ge­fähr­lich. Für Jesus ster­ben, der nicht mehr lebt? Für eine Lüge ster­ben? Und zwar grau­sam ster­ben? Sehr unwahrscheinlich.
2. Es ist etwas pas­siert, dass aus Feig­lin­gen muti­ge Mär­ty­rer mach­te – im dop­pel­ten Sinn des Wor­tes: Mär­ty­rer heißt zum einen Zeu­ge sein und zum andern – das, was wir meist dar­un­ter ver­ste­hen: ein Mensch, der für sei­ne Über­zeu­gung sogar den Tod auf sich nimmt. Für einen Ver­lie­rer und Lüg­ner, für einen geschei­ter­ten Wel­ten­ret­ter macht das keiner.
3. Pau­lus, zuerst selbst ein Feind Jesu und der Chris­ten, führt noch ein wei­te­res Argu­ment an: Der auf­er­stan­de­ne Jesus wur­de gese­hen – von Frau­en, von dem enge­ren Jün­ger­kreis in Jeru­sa­lem, von 500 Brü­dern auf ein­mal. „Die meis­ten leben noch“, schreibt er den Korin­thern. „Ihr könnt sie selbst fra­gen.“ Wer ihm das Gegen­teil ernst­haft bewei­sen woll­te, hät­te sich auf den Weg gemacht und die angeb­li­chen Zeu­gen aufgesucht.
Das alles sind kei­ne Bewei­se. Das ist alles auch gar nicht neu und nicht auf mei­nem Mist gewach­sen. Aber es sind Hin­wei­se, die gewiss mehr für die Auf­er­ste­hung Jesu spre­chen als dass sie die­se wider­le­gen können.

Zurück zur Fra­ge: Nur mal ange­nom­men, Jesus wäre nicht auf­er­stan­den von den Toten. Dann könn­ten wir ein­pa­cken. Denn kei­ne irgend­wie gear­te­te Hoff­nung auf Leben hät­te dann einen sta­bi­len, siche­ren Grund.
Mich bewe­gen und fas­zi­nie­ren dabei die Gedan­ken Diet­rich Bon­hoef­fers zu Ostern. Der war ein moder­ner Mensch. Er war welt­ge­wandt, war Vikar in Bar­ce­lo­na, stu­dier­te danach noch ein Jahr in New York, zwei Jah­re hat­te er eine Aus­lands­pfarr­stel­le in Lon­don inne und knüpf­te eine Men­ge inter­na­tio­na­ler Kon­tak­te. Gebo­ren war er 1906 in Bres­lau. In der Zeit des Natio­nal­so­zia­lis­mus ver­öf­fent­lich­te er als einer der ers­ten kri­ti­sche Anfra­gen an den Füh­rer­kult. Er lei­te­te ein Pre­di­ger­se­mi­nar der Beken­nen­den Kir­che, die sich anders als die Deut­schen Chris­ten nicht vom Staat gleich­schal­ten lie­ßen. Bon­hoef­fer trat schließ­lich dem akti­ven Wider­stand gegen Adolf Hit­ler bei. Die Sache flog auf, 1943 wur­de Bon­hoef­fer mit ande­ren ver­haf­tet. Nach dem Stauf­fen­berg-Atten­tat kamen Doku­men­te zu Tage, die Bon­hoef­fer deut­lich mit dem Wider­stand in Ver­bin­dung brach­ten. Noch in den letz­ten Kriegs­ta­gen, am 9. April 1945, wur­de Diet­rich Bon­hoef­fer im KZ Flos­sen­bürg ermor­det, auf direk­ten Befehl von Adolf Hit­ler hin. In die­ser gan­zen, schwe­ren Zeit hielt ihn eines auf­recht: Die Gewiss­heit, dass Jesus Chris­tus lebt. Dass Jesus im Leid gegen­wär­tig ist und nicht aus­steigt. Dass die Auf­er­ste­hung Jesu allein dem Leben des Men­schen Halt und Sinn gibt.

Noch mal ein Satz aus der klei­nen Zita­ten­samm­lung vom Anfang: „Die christ­li­che Auf­er­ste­hungs­hoff­nung unter­schei­det sich von der mytho­lo­gi­schen dar­in, dass sie den Men­schen in ganz neu­er Wei­se an sein Leben auf der Erde verweist.“
Das wird zuerst dar­an deut­lich, dass Jesus auf der Erde, in Jeru­sa­lem von den Toten auf­er­stan­den ist. Und dann begeg­ne­te er Men­schen in ihrem rea­len Leben, nicht im mytho­lo­gi­schen Irgend­wo. Er selbst war real. Der Evan­ge­list Lukas erzählt, dass Jesus mit sei­nen Jün­gern gebra­te­nen Fisch geges­sen hat. Nach sei­ner Auf­er­ste­hung (Lukas 24,42).
Dass Jesus lebt, von den Toten auf­er­weckt ist, hat dar­um auch Bedeu­tung für unser Leben jetzt, heu­te, hier in Wit­ten­berg 2023. Es sind kei­ne abge­fah­re­nen, welt­frem­den, welt­flüch­ti­gen Gedan­ken und Hoff­nun­gen. Da ist einer, der den größ­ten Feind der Men­schen besiegt hat. Der Tod selbst ist entmachtet.

Wenn der Tod das letz­te Wort hät­te, dann wäre das Leben wirk­lich sinn­los. Es wür­de zu nichts füh­ren, hät­te kei­ner­lei Bedeu­tung. Wenn der Tod das Letz­te ist, dann ist mein Leben egal. Was soll­te es mich inter­es­sie­ren, was von mir in die­ser Welt zurück­bleibt – wenn ich es selbst doch gar nicht erle­be. Ich muss nichts Bedeu­ten­des sagen oder tun, wenn es nichts mehr mit mir zu tun haben wird. Ob Leu­te mich in guter Erin­ne­rung behal­ten – was inter­es­siert mich das, wenn mit dem Tod alles vor­bei ist? Aber wenn es das Leben nach dem irdi­schen Tod gibt, dann wird das span­nend. Dann wird mein Leben Früch­te haben. Und dann set­ze ich mich dafür auch ein. Dann wird mein Leben hof­fent­lich Gutes für einen ande­ren bewir­ken. Und dann mache ich mich dafür stark. Denn es ist immer noch mein Leben, auch wenn da ein Ein­schnitt dazwi­schen­kommt. Selbst in Schwie­rig­kei­ten ist mir das Leben nicht sinn­los. Gott, der leben­di­ge Gott, greift es auf. Und er lässt sogar aus Trä­nen, aus Schmer­zen, aus Lei­den eine Frucht entstehen.
Das gelingt nicht, wenn der Tod alles aus­löscht. Aber wenn mein Leben die Chan­ce hat, nach dem kör­per­li­chen Tod, nach die­ser Ver­wand­lung, durch Got­tes Macht neu zu star­ten, dann ent­steht aus allem eine Frucht für die Zukunft, für die Ewigkeit.

Dass unser Leben einen tie­fen Sinn hat und ein Ziel, dafür steht Jesus ein. Dafür steht die Auf­er­ste­hung. Dafür steht Ostern. Es geht ums Leben, um mein und dein Leben. Und das fängt mit dem an, der es fest­hält und sich wie­der geschnappt hat und nicht los­lässt. Der ver­tei­digt auch mein Leben gegen jeden Tod:
Gegen mei­ne Resi­gna­ti­on im All­tag, gegen Schuld, die ich auf mich gela­den habe, gegen Zukunfts­angst. Er ver­tei­digt mein Leben auch gegen den leib­li­chen Tod. Den wer­de ich zwar ster­ben, aber dann war­tet schon ein neu­er, bes­se­rer Kör­per auf mich mit einer fröh­li­chen, erlös­ten See­le. Davon schreibt Pau­lus übri­gens auch in sei­nem Brief nach Korinth. Der Grund für die­se umfas­sen­de Hoff­nung: Genau­so ist Jesus näm­lich von den Toten auf­er­stan­den – mit einem Kör­per und mit sei­ner unver­wech­sel­ba­ren See­le, sei­nem Wesen als Got­tes Sohn und als Mensch.
Das Kon­zept über­zeugt mich. Die Wirk­lich­keit über­zeugt mich. Dar­auf hof­fe ich. Noch­mal Bon­hoef­fer zum Schluss: „Jesus Chris­tus ist die Wei­te unse­res Lebens. Jesus Chris­tus ist die Mit­te unse­rer Gemein­schaft. Jesus Chris­tus ist bei uns bis an der Welt Ende. Das dan­ken wir Ostern.“

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