Vor­ge­drun­gen

Die Nacht ist vor­ge­drun­gen. Dun­kel  hat nicht das letz­te Wort. Der Mor­gen kommt. Das Licht kommt. Licht der Welt, Got­tes Sohn Jesus. Gedan­ken zu einem Adventslied.

kur­ze Andacht zum Advents­lie­der­sin­gen in der Stadt­kir­che St. Mari­en am 3. Advent

Vor­ge­drun­gen

Halb­zeit. Zwei Advents­sonn­ta­ge lie­gen hin­ter uns. Heu­te haben wir die drit­te Ker­ze auf dem Advents­kranz ange­zün­det. Weih­nach­ten kommt näher. Da passt doch gut hin­ein, was ein Advents­lied beschreibt, das die­se Woche beglei­tet. Das ist ja so eine kirch­li­che Ange­wohn­heit. Zum Bei­spiel hat jeder Sonn­tag sei­nen Namen. Viel­leicht gin­gen den Kir­chen­obe­ren irgend­wann die Namen aus. So zäh­len wir im Advent von Eins bis Vier. Aber der drit­te Advent hat tat­säch­lich noch einen Namen: „Gau­de­te – Freu­et euch!“ Der ist nicht ganz so bekannt, aber es gibt ihn. In man­chen Kir­chen hängt dann auch nicht die Far­be Vio­lett am Altar, son­dern Rosa – schon ein biss­chen Freu­de auf Weih­nach­ten, auch in der Farbe.
Ich kom­me zu dem Advents­lied zurück. Denn es haben nicht nur die Sonn­ta­ge ihre Namen und ihre Far­ben. Wir haben auch ein Lied, das für eine Woche wich­tig sein soll. Daher heißt es auch das Wochen­lied. Am drit­ten Advent – heu­te – heißt es: „Die Nacht ist vor­ge­drun­gen.“ (Ev. Gesang­buch Nr. 16)

Halb­zeit. Die Nacht ist vor­ge­drun­gen. Mit­ter­nacht ist vor­bei. Der Mor­gen ist näher als der Abend. Der Mor­gen­stern geht gleich auf und dann wird es hell wer­den. Tag wird es sein, hel­ler Tag, Got­tes hel­ler Tag. Bald ist Got­tes Sohn da. Kei­ne zwei Wochen mehr und wir fei­ern den Geburts­tag von Jesus. Aber es ist mehr als eine Erin­ne­rung. Denn Gott kommt heu­te. Und er kommt zu einem jeden von uns.

Es gibt Zei­ten, da seh­nen sich Men­schen wohl mehr danach, dass Gott zu ihnen kommt und ihnen bei­steht, als zu ande­ren Zei­ten. Vor 84 Jah­ren, als das Lied geschrie­ben wur­de, das heu­te eins der Wochen­lie­der im Gesang­buch ist, war so eine Zeit. In Deutsch­land war es dun­kel gewor­den. Ein Dik­ta­tor hat­te die Macht ergrif­fen und unter­drück­te mit Hil­fe sei­ner vie­len Hel­fer ein gan­zes Volk. Dann zet­tel­te er einen schreck­li­chen Krieg an und ließ Mil­lio­nen Men­schen umbringen.
Der sich damals so nach Got­tes Hil­fe sehn­te, war unter ande­rem der Lie­der­dich­ter. Der hoff­te sehr auf den Mor­gen­stern, das Licht, das end­lich auf­ge­hen soll­te, auch wie­der für ihn und für unser Land. Jochen Klep­per heißt er. Und er hat heu­te sei­nen 80. Todes­tag. Und das hat er geschrieben:

Die Nacht ist vor­ge­drun­gen, der Tag ist nicht mehr fern!
So sei nun Lob gesun­gen dem hel­len Morgenstern!
Auch wer zur Nacht gewei­net, der stim­me froh mit ein.
Der Mor­gen­stern beschei­net auch dei­ne Angst und Pein.

Dann erzählt Jochen Klep­per von Jesus, dem alle Engel im Him­mel gedient haben und der doch Mensch gewor­den ist – für uns. Er erzählt davon, dass Jesus sich mit uns ver­bün­det. Gott bin­det sich an uns fest und hält uns fest. Die vier­te Stro­phe gibt einen Aus­blick auf die Zeit, die vor dem Lie­der­dich­ter liegt und die auch vor uns liegt:

Noch man­che Nacht wird fal­len auf Men­schen­leid und ‑schuld.
Doch wan­dert nun mit allen der Stern der Gotteshuld.
Beglänzt von sei­nem Lich­te, hält euch kein Dun­kel mehr,
von Got­tes Ange­sich­te kam euch die Ret­tung her.

Was mich so beein­druckt an die­sem Lied und an dem Lie­der­dich­ter: Er leug­net nicht, dass er Angst hat. Er sagt nicht: „Guck mal raus, es ist doch schon hel­ler Tag.“ Nein, das war es zu sei­ner Zeit nicht und das ist es heu­te auch nicht. Nicht immer und nicht überall.
Über der Ukrai­ne liegt es dun­kel, über Russ­land auch. Im Iran ist es so, als ob eine rie­si­ge Wol­ke aus Unter­drü­ckung für vie­le die Son­ne ver­dun­kelt. Nur zwei Bei­spie­le, die wir aus den Nach­rich­ten ken­nen. Es gibt viel mehr.
Das Dun­kel und die Angst sind nicht ein­fach mit leich­ten Wor­ten weg­zu­schie­ben. Sie sind nicht weg­zu­dis­ku­tie­ren. Aber wer auf Weih­nach­ten zugeht, wer weiß, dass Gott wirk­lich als Mensch auf die­ser Welt war, der fin­det Hoff­nung. Wer Gott ver­traut, dass er wie­der­kom­men wird, der hat ein hel­les Ziel. Wer Gott heu­te erwar­tet, zu dem kommt er.
Das Gan­ze heißt Glau­be. Der lässt die Angst zu. Der hält das Dun­kel aus und über­win­det es. Gott selbst ist das Licht, ist die Son­ne, die uns auf­geht. Er ist unse­re Hoff­nung. Er geht mit uns. Klep­per sagt: Es „wan­dert nun mit allen der Stern der Gotteshuld“.
Im Lied heißt es: „Beglänzt von sei­nem Lich­te hält euch kein Dun­kel mehr.“ Manch­mal gehen wir durch dunk­le Momen­te. Aber selbst wenn der über­nächs­te Schritt schon wie­der im Dun­kel liegt – direkt um uns her­um kann es hell sein, wenn wir uns Gott anver­trau­en. Gott schaut uns an. Er sieht uns. Und sein Gesicht strahlt uns an. „Der Herr las­se sein Ange­sicht leuch­ten über dir“ – so heißt es tra­di­tio­nell im Segen am Ende eines Got­tes­diens­tes. Bil­der dafür gibt es vie­le – und die begeg­nen uns gera­de in den Advents- und Weih­nacht­lie­dern. Sie gehen vom Schein der vier Ker­zen am Advents­kranz über den Mor­gen­stern bis hin zur Sonne.

Nehmt die­se Licht­bil­der mit euch. Folgt die­sem Licht durch die Advents­ta­ge. Und nicht nur da. Folgt dem Licht durch die Weih­nachts­ge­schich­te, zu Maria und Josef, zu den Hir­ten und dem Jubel der Engel. Und bis hin zur Krip­pe, zu Jesus. Gott wird Mensch und kommt zu dir.

 

Jochen Klep­per

* 22. März 1903 † 11. Dezem­ber 1942

Theo­lo­ge, Jour­na­list, Schrift­stel­ler, ver­hei­ra­tet mit der jüdi­schen Wit­we Johan­na Stein, die ihre bei­den Töch­ter Bri­git­te und Rena­te mit in die Ehe brachte. 

Zuneh­men­de Repres­sa­li­en unter den Nazis. Toch­ter Bri­git­te konn­te kurz vor Kriegs­be­ginn nach Eng­land aus­rei­sen. Der Ehe droh­te die Zwangs­schei­dung und sei­ner Frau Johan­na sowie Toch­ter Rena­te damit die Depor­ta­ti­on und Ermordung. 

Klep­per, sei­ne Frau und jün­ge­re Toch­ter nah­men sich am 11. Dezem­ber 1942 das Leben. Letz­ter Ein­trag in sei­nem Tagebuch:

Nach­mit­tags die Ver­hand­lung auf dem Sicher­heits­dienst. Wir ster­ben nun – ach, auch das steht bei Gott – Wir gehen heu­te nacht gemein­sam in den Tod. Über uns steht in den letz­ten Stun­den das Bild des Seg­nen­den Chris­tus, der um uns ringt. In des­sen Anblick endet unser Leben.

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