Himm­li­sches Brot

Got­tes­dienst am Sonn­tag Lät­are (“Freu­et euch mit Jeru­sa­lem.” Jesa­ja 66,10). Es geht um gutes Früh­stück, Brot und Nah­rung für die See­le. Pre­digt­text ist ein Abschnitt aus dem Johan­nes­evan­ge­li­um (6,47–51):

Wahr­lich, wahr­lich, ich sage euch: Wer glaubt, der hat das ewi­ge Leben. Ich bin das Brot des Lebens. Eure Väter haben in der Wüs­te das Man­na geges­sen und sind gestor­ben. Dies ist das Brot, das vom Him­mel kommt, damit, wer davon isst, nicht ster­be. Ich bin das leben­di­ge Brot, das vom Him­mel gekom­men ist. Wer von die­sem Brot isst, der wird leben in Ewig­keit. Und das Brot, das ich geben wer­de, ist mein Fleisch – für das Leben der Welt.

Gedan­ken zum Brot des Lebens

Haben Sie heu­te gut gefrüh­stückt? Man­che Men­schen sind ja gar nicht ansprech­bar, wenn sie noch kei­nen Kaf­fee getrun­ken haben und nicht auch wenigs­tens ein Brot geges­sen. Dass das Früh­stück die wich­tigs­te Mahl­zeit des Tages ist, sagen auch vie­le. „Kind, du musst doch etwas essen, bevor du aus dem Haus gehst.“
Eine Weis­heit, die schon dem alten Sokra­tes zuge­schrie­ben wird, hat­te mei­ne Oma immer parat: „Essen und Trin­ken hält Leib und See­le zusammen.“
Das ist fast biblisch. „Wer von die­sem Brot isst, der wird leben in Ewig­keit“, sagt Jesus (V. 51b). Was uns ein Grund­be­dürf­nis ist und was wirk­lich lebens­not­wen­dig ist: Wir brau­chen Nah­rung, wir kön­nen ohne Essen und Trin­ken nicht überleben.
So kom­pli­ziert und ver­wir­rend sich die Wor­te im Johan­nes­evan­ge­li­um anhö­ren mögen: Sie packen uns bei unse­rem Grund­be­dürf­nis. Wir brau­chen Nah­rung, immer. Und wir brau­chen sie nicht nur für den Kör­per. Auch unse­re See­le ist hung­rig und durs­tig. Was geben wir ihr? Und wo bedie­nen wir uns?

Wie hung­rig unse­re See­le ist, sehen wir dar­an, wie sehr die Genuss­mit­tel­bran­che für unser Inne­res ange­wach­sen ist. Unüber­schau­bar ist die Anzahl der Ange­bo­te gewor­den, mit der sich Men­schen ihr Inne­res voll­schla­gen. Wo frü­her Men­schen im Gespräch auf der Stra­ße, auf dem Pau­sen­hof oder im Restau­rant zusam­men­stan­den und saßen, sit­zen und ste­hen sie heu­te auch noch. Aber jeder schaut auf sein digi­ta­les Pau­sen­brot und füllt sich die See­le mit Kat­zen­vi­de­os und Nach­rich­ten aus aller Welt. Und auch da tau­schen wir unse­re See­len­pau­sen­bro­te mit­ein­an­der und schi­cken uns lus­ti­ges, erns­tes, belang­lo­ses und bedeu­ten­des Zeug zu per Whats­App und ande­ren Messengerdiensten.
Und wer’s noch ana­log mag – Klatsch und Tratsch, die Tages­auf­re­ger über ande­re, sind eben­so Fast­food fürs Herz. Sel­ten nahr­haft, aber schnell zu ver­schlin­gen und von uns gie­rig auf­ge­so­gen. „Hast du schon gehört?“ Ich sau­ge den Klatsch in mich auf und mer­ke spä­ter, wie es mich leer und rat­los zurücklässt.

Men­schen hun­gern. Und die­se Not treibt Jesus um. Zuerst ganz irdisch und kör­per­lich. Am Anfang von Kapi­tel sechs erzählt Johan­nes von einer gro­ßen Ver­samm­lung. Men­schen waren gekom­men, um Jesus zu sehen. Sie war­te­ten auf Zei­chen und Wun­der und auf sei­ne Wor­te. Und sie beka­men Hun­ger. Jesus sieht das: „Da hob Jesus sei­ne Augen auf und sieht, dass viel Volk zu ihm kommt, und spricht zu Phil­ip­pus: Wo kau­fen wir Brot, damit die­se zu essen haben?“ (Johan­nes 6,5) Was die Jün­ger haben: Fünf Bro­te und zwei Fische. Der Rest ist Geschich­te, den bibel­le­sen­den Insi­dern bekannt. Alle 5.000 wer­den satt, kör­per­lich satt.
Die Evan­ge­lis­ten Mat­thä­us, Mar­kus und Lukas enden hier. Bei Johan­nes geht die Geschich­te aber jetzt erst rich­tig los. Er erzählt, wie am fol­gen­den Tag Men­schen wie­der nach Jesus suchen. Sie fin­den ihn. Und er erzählt ihnen vom Brot, das wirk­lich satt macht. Er spricht zu ihnen von einer Nah­rung, die den schier uner­sätt­li­chen Hun­ger der See­le stillt. Und er zeigt, wo es die­se Nah­rung gibt.
Ich habe letz­tens etwas Glu­ten­frei­es zum Kaf­fee­trin­ken gesucht. Dazu war ich im Reform­haus, denn es soll­te mehr sein als eine tro­cke­ne Reis­waf­fel. Die Blau­beer­muf­fins, die ich gefun­den habe, waren dann sehr lecker. Für man­ches Nah­rungs­mit­tel braucht es ein Spezialgeschäft.

Reicht für unse­re See­le nicht das Ange­bot, das wir auf der Erde fin­den? Jeder kann doch Yoga­kur­se besu­chen und Ent­span­nungs­übun­gen machen. Die Zahl an Anbie­tern, die per Smart­phone ihre Kur­se ver­kau­fen, wächst an. Und auch im rea­len Leben gibt’s Mög­lich­kei­ten von Kur­sen bei der Volks­hoch­schu­le bis zu spe­zia­li­sier­ten Ein­rich­tun­gen. Reicht das nicht?
Wenn ich Jesus rich­tig ver­ste­he, reicht das nicht, weil die See­le aus einem ande­ren Stoff geformt ist als der Kör­per. Ganz ein­fach gesagt: Die See­le kommt vom Himmel.
Die Schöp­fungs­ge­schich­te beschreibt das mit einem sehr ein­drück­li­chen und ein­fa­chen Bild: Gott formt den Men­schen aus Staub vom Acker­bo­den, so wie ein Töp­fer eine Figur formt. Tote Mate­rie – wobei ich alle Mikro­bak­te­ri­en und das unzäh­li­ge Leben im Boden außer Acht las­se. Eine Figur aus Staub vom Boden ist nichts Leben­di­ges. Das Wun­der geschieht nach der Hand­werks­ar­beit: Gott haucht der Figur sei­nen Atem ein, „und so ward der Mensch ein leben­di­ges Wesen.“ (1. Mose 2,7) Unse­re See­le wird ins Leben geru­fen, ins Leben hin­ein­ge­bla­sen durch den Atem Got­tes. Wir leben, weil Got­tes Atem in uns wirkt. Die See­le hat einen himm­li­schen, gött­li­chen Ursprung. Das ist der Grund, war­um die See­le auch himm­li­sche Nah­rung braucht. Nur die­se Nah­rung ent­spricht ihrer Herkunft.

Jesus spielt in sei­ner Rede mit die­ser Vor­stel­lung von der himm­li­schen Spei­se. „Eure Väter haben in der Wüs­te das Man­na geges­sen.“ (V. 49) Damit kön­nen sei­ne Zuhö­re­rin­nen und Zuhö­rer etwas anfan­gen. Die Geschich­te ken­nen sie. Die­se Art Brot vom Him­mel ist ihnen ver­traut aus den Erzäh­lun­gen ihrer Vorfahren.
Nur zur Erin­ne­rung: Das Volk Isra­el war gera­de aus Ägyp­ten geflo­hen. Schluss mit der Skla­ve­rei dort. Aber auch Schluss mit den sprich­wört­li­chen Fleisch­töp­fen Ägyp­tens. Woher kommt jetzt das Essen? Der Tisch war leer und das Volk meckert Mose an: „Woll­te Gott, wir wären in Ägyp­ten gestor­ben durch des Herrn Hand, als wir bei den Fleisch­töp­fen saßen und hat­ten Brot die Fül­le zu essen. Denn ihr habt uns dazu her­aus­ge­führt in die­se Wüs­te, dass ihr die­se gan­ze Gemein­de an Hun­ger ster­ben lasst.“ (2. Mose 16,3)
Und dann taucht es zum ers­ten Mal auf, das „Brot vom Him­mel“: „Sie­he, ich will euch Brot vom Him­mel reg­nen las­sen“, sagt Gott (2. Mose 16,4). Was dann daliegt, was die Israe­li­ten ein­sam­meln und essen, was schmeckt wie „Sem­mel mit Honig“ (2. Mose 16,31), ist das Man­na. Die Israe­li­ten hat­ten wirk­lich Brot vom Him­mel in der Zeit, in der sie durch die Wüs­te zogen. Dar­an knüpft Jesus an. Dass Gott sei­ne Men­schen ver­sorgt und sie sät­tigt, das wis­sen und glau­ben alle, die Jesus zuhö­ren. Ob sie auch mit dem Neu­en mit­ge­hen, das Jesus ihnen zeigt? Ob wir mit dem Neu­en mitgehen?

Die See­le braucht himm­li­sche Nah­rung. Die gibt Gott. Aber sie ist mehr als das Man­na in der Wüs­te. „Jetzt“, sagt Jesus, „jetzt schenkt Gott die Spei­se, die die See­le leben lässt.“ Der Gedan­ke ist uns so ver­traut, dass wir manch­mal gar nicht dar­über nachdenken.
Jesus ist das Brot des Lebens. So hören wir es in der einen oder ande­ren Form bei jedem Abend­mahl. Und auch der Satz „Ich bin das Brot des Lebens“ ist uns eben­so ver­traut wie ande­re Jesus-Aus­sa­gen, die mit „Ich bin“ anfan­gen: Ich bin der Wein­stock (Johan­nes 15,5), Ich bin das Licht der Welt (Johan­nes 8,12), Ich bin der gute Hir­te (Johan­nes 10,11) und andere.

Ist Jesus aber himm­li­sches Brot? Kommt er vom Him­mel? Denn das müss­te ja so sein, wenn wir himm­li­sche Spei­se benötigen.
Wer ein biss­chen sucht und forscht, kann ent­de­cken, wie oft Jesus sei­ne Ver­bin­dung zum Him­mel deut­lich macht. Und auch hier sagt er es: „Ich bin das leben­di­ge Brot, das vom Him­mel gekom­men ist.“ An ande­rer Stel­le spricht er noch viel kür­zer über sein Ver­hält­nis zum Him­mel, zum himm­li­schen Vater: „Ich und der Vater sind eins.“ (Johan­nes 10,30)
Jesus ist Got­tes Sohn. Er ist eins mit dem Vater. Er hat das ewi­ge Leben und er hat die Macht, die­ses ewi­ge Leben wei­ter­zu­ge­ben. Er war schon am Anfang dabei, als Gott dem Men­schen das Leben gege­ben, ein­ge­haucht hat.
So wie wir unser täg­li­ches Brot brau­chen, wie wir Essen und Trin­ken brau­chen, brau­chen wir Jesus, den Sohn Got­tes, für unse­re See­le. Dass Gott für uns das Leben ist, ist kein neu­er Gedan­ke. Und gera­de am Bei­spiel des Bro­tes, die­ses Ur- und Grund­nah­rungs­mit­tels, zeig­te es schon Mose vie­le Jahr­hun­der­te vor Jesus auf: „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, son­dern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Got­tes geht.“ (5. Mose 8,3/Mat­thä­us 4,4)

Unser Leben kommt vom Him­mel – im Vor­bild des Man­na, die­ser vom Him­mel gereg­ne­ten Spei­se in der Wüs­te. Unser Leben kommt vom Him­mel – in dem Wort, das Fleisch gewor­den ist. So beginnt Johan­nes sein Evan­ge­li­um (Johan­nes 1,14). Unser Leben kommt vom Him­mel – durch das Brot des Lebens, das Jesus für uns und für alle Welt ist.
Wir haben sogar ein Zei­chen dafür – das Abend­mahl, bei dem wir Brot und Wein mit­ein­an­der tei­len. Wie das Leben Jesu, wie sein Kör­per mit dem Lebens­brot zusam­men­hängt, sagt er in den weni­gen Ver­sen aus Johan­nes 6 auch: „Das Brot, das ich geben wer­de, ist mein Fleisch – für das Leben der Welt.“ Das heißt nichts ande­res, als dass Jesus sei­nen Kör­per hin­ge­ben wird – am Kreuz. Er opfert sein irdi­sches Leben, das sich in sei­nem mensch­li­chen Kör­per aus Fleisch und Blut festmacht.

Wie aber nimmt unse­re See­le die­se Nah­rung auf? Sind es die Ritua­le? Sind es die Sakra­men­te? Jesus sagt: „Wer von die­sem Brot – also von ihm? – isst, der wird leben in Ewig­keit.“ Zugleich steht davor noch ein ande­rer Satz. Und der erläu­tert, wie die See­le an die­se himm­li­sche Spei­se her­an­kommt: „Wer glaubt, der hat das ewi­ge Leben.“
So ist also auch die Auf­nah­me der Spei­se für die See­le anders als die Auf­nah­me der Nah­rung für den Kör­per. Die See­le nimmt Jesus auf, indem sie glaubt. Wir neh­men Jesus in unser Leben auf, indem wir sei­ne Wor­te durch­kau­en und beden­ken und ihnen glau­ben. Wir neh­men ihn auf, indem wir ihm ver­trau­en. Wir neh­men ihn auf, indem wir uns ganz auf ihn ver­las­sen, uns ihm völ­lig anvertrauen.
Nichts ande­res sät­tigt unse­re See­le als die enge und immer tie­fer wer­den­de Bezie­hung zu Jesus. Damit wir das begrei­fen – wirk­lich mit Hän­den grei­fen und mit dem Mund schme­cken kön­nen – gibt uns Jesus das irdi­sche Zei­chen mit auf den Weg: Brot und Wein im Abendmahl.

Mir ist noch eine Rede­wen­dung ein­ge­fal­len. Wenn jemand einen ande­ren über­aus herz­lich lieb­hat, dann sagt der viel­leicht: „Ich hab dich zum Fres­sen gern.“
Wenn uns Jesus so viel bedeu­tet, dass wir ihn über­aus lie­ben, uns ganz in ihm ver­lie­ren, dann neh­men wir mit ihm die Spei­se auf, die unse­re See­le zum Leben braucht. Und das ist kei­ne Ver­trös­tung in die Zukunft. „Wer glaubt, der hat das ewi­ge Leben.“
Also denkt dar­an – beim Essen, wenn euch hung­rig zumu­te ist, wenn der Kör­per nach Nah­rung ver­langt: auch die See­le braucht ihr täg­li­ches Brot – die Bezie­hung zu Gott, Jesus Chris­tus selbst.

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