Wenn man mittendrin ist und nicht mehr entfliehen kann, dann ist Theater lebendig, fantastisch, mitreißend. Karambolage, die Jugendtheatergruppe aus Zeitz, hat es mit dem Stück “Der Herr der Fliegen” geschafft, ihr Publikum in den Bann zu ziehen. Wieder einmal.
1954 schrieb William Golding den Roman “Lord of the flies” (Herr der Fliegen — eine Anspielung auf den “Beelzebub”, den Teufel). Er erzählt von einer Gruppe von 6- bis 12-jährigen Jungen, die auf einer Insel mit dem Flugzeug abstürzen und dort auf sich allein gestellt sind. Im ersten Moment ein Idyll — Südseeparadies, keine nörgelnden Erwachsenen — wird das Leben schnell zur Hölle, denn Machtstreben und Gewalt brechen durch. Aus Kindern werden Tyrannen und Mörder.
Die Geschichte ist aktuell. Gar nicht mal im Blick auf Kinder, die bei uns eher behütet aufwachsen. Aber wie schnell schreien Menschen, vergessen die “gute Kinderstube”, wenden sich laut gegen Flüchtlinge, klagen Toleranz ein für völlig intolerante Ansichten. Zivilisation? Wie schnell geht sie unter, ohne dass man dafür auf eine einsame Insel muss.
Karambolage hat das Stück beklemmend realistisch nahgebracht. Und dabei wieder einmal gezeigt, zu was Jugendliche fähig sind, wenn sie sich engagieren, wenn ihnen andere den Raum dafür geben, sie begleiten und unterstützen. Es war eine Aufführung der Extraklasse, die sich gewiss vor keinem Profitheater verstecken muss. Und das alles unter erschwerten Probebedingungen, weil Manches nicht wie gewohnt möglich war.
Bestes Theater kann so nah sein!