Mutig komm ich vor den Thron

Wie wäre das, in Got­tes Thron­saal ein­zu­tre­ten? Was gehört dazu? Was bringt’s?
Ein paar Gedan­ken zu Offen­ba­rung 4 und mehr, ange­sto­ßen durch das Lied “Mutig komm ich vor den Thron (Bold­ly I Approach)”.

Offen­ba­rung 4 (Basis­bi­bel)

1 Danach schau­te ich auf und sah, dass im Him­mel eine Tür geöff­net war. Und die Stim­me, die ich am Anfang gehört hat­te, die laut war wie eine Trom­pe­te, sag­te: »Komm hier her­auf! Ich will dir zei­gen, was in Zukunft gesche­hen muss.« 
2 Sofort wur­de ich vom Geist Got­tes ergrif­fen. Im Him­mel stand ein Thron, und auf dem Thron saß jemand. 
3 Und der dort saß, glich im Aus­se­hen den Edel­stei­nen Jas­pis und Kar­neol. Der Thron war umge­ben von einem Regen­bo­gen, der strahl­te wie ein Smaragd. 
4 Und rings um den Thron sah ich 24 ande­re Thro­ne. Auf den Thro­nen saßen 24 Ältes­te. Sie waren in wei­ße Gewän­der geklei­det und tru­gen gol­de­ne Sie­ges­krän­ze auf dem Kopf. 
5 Von dem Thron gin­gen Blit­ze aus und man hör­te Grol­len und Don­ner. Und vor dem Thron brann­ten sie­ben Fackeln, das sind die sie­ben Geis­ter Gottes. 
6 Vor dem Thron war etwas wie ein glä­ser­nes Meer, das glich einem Kris­tall. Und in der Mit­te, ganz nah am Thron, stan­den rings um den Thron vier Lebe­we­sen. Die waren vor­ne und hin­ten vol­ler Augen. 
7 Das ers­te Lebe­we­sen glich einem Löwen, das zwei­te einem Stier. Das drit­te Lebe­we­sen hat­te ein Gesicht wie ein Mensch. Und das vier­te glich einem flie­gen­den Adler. 
8 Jedes ein­zel­ne der vier Lebe­we­sen hat­te sechs Flü­gel, die außen und innen vol­ler Augen waren. Sie rufen bei Tag und bei Nacht und ohne Unter­bre­chung: »Hei­lig, hei­lig, hei­lig ist Gott, der Herr, der All­mäch­ti­ge – er, der war und der ist und der kommt.« 
9 So wer­den die Lebe­we­sen den prei­sen, der auf dem Thron sitzt. Er lebt für immer und ewig. Sie wer­den ihm Ehre und Dank erweisen. 
10 Dann wer­den sich die 24 Ältes­ten vor dem nie­der­wer­fen, der auf dem Thron sitzt. Sie wer­den den anbe­ten, der für immer und ewig lebt. Sie wer­den ihre Sie­ges­krän­ze vor dem Thron nie­der­le­gen und rufen: 
11 »Du, Herr, unser Gott, bist wür­dig, alle Herr­lich­keit, Ehre und Macht zu emp­fan­gen. Denn du hast die gan­ze Welt erschaf­fen. Weil du woll­test, dass es sie gibt, ist sie erschaf­fen worden.«

Pre­digt

„Mutig komm‘ ich vor den Thron.“ Mutig, kühn, ver­we­gen – das steht im Wör­ter­buch für das eng­li­sche Wort „bold­ly“. Nicht nur mutig, son­dern sogar kühn und ver­we­gen komm ich vor den Thron. Wie viel Kühn­heit und Mut gehö­ren dazu, vor Gott zu treten?

Kennt ihr Ester? Ester war die Toch­ter von Abiha­jil und die Pfle­ge­toch­ter von Mord­e­chai. Die Namen muss man sich nicht mer­ken. Wich­ti­ger: Sie war eine Jüdin, die im Exil in Per­si­en leb­te, zur­zeit von König Xer­xes – in der Bibel heißt er König Ahas­ve­r­os. Der such­te eine neue Frau. Also gab es einen „Per­si­ens next Top­mo­del-Wett­be­werb“ oder auch eine alt­ori­en­ta­li­sche Aus­ga­be von „der Bache­lor“. Ester gewann und wur­de Köni­gin. Trotz­dem konn­te sie nicht ein­fach so zum König gehen, wie sie woll­te. Der König ruft – und sie kommt zu ihm. Anders­her­um geht es nicht und ist sogar lebensgefährlich.
Eines Tages aber will Ester zum König. Denn sie muss ein töd­li­ches Kom­plott ver­hin­dern, das allen Juden in Per­si­en den Tod brin­gen soll.
Sie wagt sich in den könig­li­chen Palast. Dass sie damit alle Gren­zen über­schrei­tet, weiß sie. Und doch geht sie. Der König sieht sie – allen im Thron­saal stockt der Atem. Was wird Ahas­ve­r­os tun? In der Basis­bi­bel ist es so auf­ge­schrie­ben (Ester 5,1–2):

Drei Tage spä­ter leg­te Ester könig­li­che Gewän­der an. So betrat sie den inne­ren Hof des Palasts, gegen­über des könig­li­chen Saa­les. Der König saß auf dem Thron sei­nes König­reichs, der im Saal stand, dem Palast­ein­gang gegen­über. Als der König die Köni­gin Ester auf dem Hof ste­hen sah, fand sie Gna­de bei ihm. Da hielt er ihr sei­nen gol­de­nen Herr­scher­stab ent­ge­gen. Ester kam näher und berühr­te die Spit­ze des Stabs.

Der König hält ihr den gol­de­nen Herr­scher­stab ent­ge­gen, das Zep­ter. Das ist ein beson­de­res Zei­chen. Es bedeu­tet: Ester hat Gna­de vor sei­nen Augen gefun­den. Wir ken­nen die­ses Zei­chen auch – von den Römern. Und das gibt es abge­wan­delt bis heu­te: Dau­men hoch. Das bedeu­te­te damals: Der Gla­dia­tor in er Are­na bleibt am Leben. Du bist begna­digt. Heu­te sehr abge­schwächt: So ist es ok. Du bist ok. Gute Leistung.

Ver­gan­ge­nen Woche habe ich eine sol­che Sze­ne gese­hen – ein König auf sei­nem Thron, der genau die­se Ges­te zeigt: er senkt sein Zep­ter her­ab und begna­digt die, die zu ihm auf­schau­en. Die Sze­ne krönt den baro­cken Hoch­al­tar in der Kir­che St. Mari­en im Klos­ter Huys­burg. Gott Vater, Sohn und Hei­li­ger Geist sind dort abge­bil­det. Und Gott Vater, der König, streckt sein Zep­ter allen ent­ge­gen, die die Kir­che betre­ten und zur Kro­ne des Altars schauen.

Die Köni­ge unse­rer Tage sind eher Folk­lo­re-Figu­ren. Wenn Gott nur so einer ist wie Charles III. oder Carl XVI. Gus­taf oder Feli­pe VI., dann brau­che ich kei­nen Mut oder Kühn­heit. Klar: In den Palast kommt man nicht so ein­fach rein. Aber ehr­lich. Will ich auch gar nicht.
Johan­nes malt ein ande­res Bild. Grol­len und Don­ner und Blit­ze. Ein Meer wie aus Kris­tall. Unvor­stell­ba­re Wesen um den Thron Got­tes her­um. Macht und Herr­lich­keit. Lob­preis Got­tes ohne Ende, ohne Unter­bre­chung. Die macht­volls­ten Wesen und die 24 Ältes­ten, die alle­samt selbst Köni­ge und Herr­scher sind, wer­fen sich nieder.

Ich mer­ke, wie ich eine gan­ze Wei­le brau­che, um auch nur zu erah­nen, was mit die­sem Bild beschrie­ben wird. Nur sel­ten gelingt mir das im All­tag. Was, wenn mir die­se Wirk­lich­keit tat­säch­lich vor Augen wäre? Ich glau­be, das hät­te zwei Folgen.

Die Ers­te: Die­sem Gott wür­de ich mich nicht so ein­fach nahen. Wenn da der ein­zi­ge, wah­re König von Him­mel und Erde vor mir ist mit die­ser erschre­ckend hei­li­gen Ver­samm­lung von Edlen und Engeln und Wesen und Mäch­ten, kann ich nur noch nie­der­fal­len. Wenn mir doch mal klar wäre, wie unglaub­lich groß Gott ist, an den ich glau­be. Wenn das nicht nur theo­lo­gisch rich­ti­ge, fromm gepräg­te, ein­ge­üb­te und gewiss auch geglaub­te Sät­ze wären. Wenn mich die­se Wirk­lich­keit tat­säch­lich berüh­ren wür­de, durch­fah­ren wie Blitz und Don­ner, umwer­fen mit ihrer Macht und Herrlichkeit.
Mutig komm ich vor den Thron? Da wäre mein Mut weg. Da wäre viel­leicht die Schwach­heit mei­ner Gebe­te weg und auch mein Stolz, mei­ne ach so bes­se­ren Vor­schlä­ge für Gott, mei­ne eigen­sin­ni­gen Wün­sche und mehr. Ich wür­de begrei­fen und nie­der­fal­len und Gott anbe­ten und ihn ver­herr­li­chen als den ein­zi­gen Herrn der Welt.

Die zwei­te Fol­ge: Ich wür­de viel mehr begrei­fen, welch ein uner­mess­lich gro­ßes Vor­recht es ist, dass Gott sich mir zuwen­det. Ein Wink mit sei­nem Zep­ter und ich ver­ge­he. Aber er winkt damit nicht, um ein Gerichts­ur­teil und eine Stra­fe aus­zu­lö­sen. Er winkt wie König Ahas­ve­r­os bei Ester: Begna­digt. Ich darf kom­men. Du darfst in die­sen unglaub­lich groß­ar­ti­gen Thron­saal kom­men. Du darfst die­se furcht­erre­gen­den, hei­li­gen Wesen sehen und dich ein­rei­hen in die vie­len, die dort schon ste­hen mit ihren son­nen­hell-wei­ßen Gewän­dern, mit ihren Kro­nen auf dem Kopf. Ich darf in die­se aller­höchs­te, schöns­te, ehr­furcht­ge­bie­ten­de Gemein­schaft ein­tre­ten, vor Gott. Das ist Gna­de. Gott ruft dich und mich in sei­ne unglaub­lich hei­li­ge Gegen­wart. Und wir sind ihm wich­ti­ger, als sei­ne Engel es sind, die doch immer um ihn her schwe­ben und ihn loben, ihm sin­gen und dienen.

Es klingt viel zu nied­lich, aber es ist wahr – in all sei­ner unvor­stell­ba­ren Bedeu­tung: Wir sind Königs­kin­der. Wir sind nicht Prinz­chen und Prin­zes­sin­chen mit ihren net­ten Kleid­chen und Krön­chen. Gott ernennt uns zu Köni­gin­nen und Köni­gen. Ach, die Bil­der sind alle viel zu schwach.

Mutig komm ich vor den Thron. Wie? Indem ich mutig die­se Geschich­ten lese, die­se Bil­der lese aus der Offen­ba­rung oder den Pro­phe­ten oder in den Psal­men. Und indem ich Gott dar­um bit­te, dass er mich das ahnen und auch sehen lässt. Mit dem vol­len Risi­ko, dass er das auch macht und ich mich dabei zu Tode erschrecke.
Dem Seher Johan­nes ist genau das pas­siert. Ganz am Anfang der Offen­ba­rung sieht Johan­nes erst ein­mal Jesus. Der wird auch so unglaub­lich beschrie­ben, wie Gott und sein Thron im vier­ten Kapi­tel. Da schreibt Johan­nes (Offen­ba­rung 1,17): „Und als ich ihn sah, fiel ich zu sei­nen Füßen wie tot; und er leg­te sei­ne rech­te Hand auf mich und sprach: Fürch­te dich nicht!“
Ob ich das wage, Gott um die­se Sicht zu bit­ten? Es könn­te mich umhau­en. Aber wenn Jesus sagt: „Fürch­te dich nicht“, dann kann ich leben in der Gegen­wart Got­tes – nicht nur fromm und durch­aus ernst gemeint daher gesagt, son­dern wirklich.

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