Gott kehrt um

Pre­digt zu Jona 3 

Jona, zwei­ter Ver­such. Gott hat­te Jona ja schon ein­mal beauf­tragt, nach Nini­ve zu gehen. Er soll­te der Stadt den Unter­gang ankün­di­gen. Ein­fach zu viel Böses geschah dort. Aber Jona hat­te vor genau die­sem Bösen eine so gro­ße Angst, dass er lie­ber in den Wes­ten flie­hen woll­te, statt nach Osten zu gehen.
(Die Pre­digt zu Jona 1 ist auch online.) Nun aber ist er auf dem Weg. Erst ein­mal geht er eine Tage­rei­se weit in die Stadt hin­ein. Und dann redet er: „Noch vier­zig Tage – und Nini­ve gibt es nicht mehr.“

Vol­ler Erfolg. Er muss gar nicht wei­ter­re­den. Die Men­schen glau­ben an Gott. Sie rufen sich gegen­sei­tig zum Fas­ten auf und zur Umkehr. Sie mei­nen es ernst. Das kommt sogar vor den König. Bis zu dem war Jona gar nicht vor­ge­drun­gen. Aber die Reak­ti­on des Vol­kes bekommt der König mit. Und er schließt sich an. Er hin­ter­fragt gar nicht die­sen selt­sa­men Pro­phe­ten, von dem noch nie jemand etwas gehört hat. Buße für alle. Fas­ten für alle, sogar das Vieh soll mal ohne Wei­de und Was­ser blei­ben. Nur Gott zählt und die ernst­haf­te Umkehr.

Und das hat Fol­gen. Die wich­tigs­te: Gott kehrt um. Wört­lich bei Luther: „Ihn reu­te das Übel, das er ange­kün­digt hat­te.“ Gott kehrt um, er bekehrt sich. Da bin ich doch neu­gie­rig gewor­den. Wenn Jesus oder sei­ne Apos­tel von Umkehr reden, bei Luther oft mit Buße über­setzt, steht dort im Grie­chi­schen „met­a­noeo“. Wört­lich: den Sinn, das Den­ken, das gan­ze Ver­hal­ten erneu­ern oder ändern.
Die Bücher des Alten Tes­ta­ments wur­den schon früh, schon vor Jesu Geburt auch ins Grie­chi­sche über­setzt. Das war schon eine gan­ze Zeit vor Jesus Welt­spra­che, Geschäfts­spra­che rund ums Mit­tel­mehr, beson­ders auch im Gebiet der heu­ti­gen Tür­kei, von Syri­en bis run­ter nach Ägypten.
Und wahr­haf­tig. In die­ser grie­chi­schen Bibel, der Sep­tuag­in­ta, steht auch die­ses „met­a­noeo“. Gott kehrt um. Er wen­det sein Den­ken und Pla­nen. Er wen­det sich den Men­schen wie­der zu.

Mich hat beein­druckt, wie die Men­schen in Nini­ve auf Jona reagiert haben. Sie hören wahr­haf­tig hin. Das hät­te ich nicht erwar­tet. Ein Pro­phet aus Gali­läa. Die meis­ten wuss­ten wohl gar nicht, wo das liegt, 1.000 Kilo­me­ter mit dem Auto sind das von Nini­ve bis Jeru­sa­lem. Und doch hören sie. Sie hören Gott selbst reden. Und sie han­deln. Beson­ders der König beein­druckt mich dann noch ein­mal. Außer zum Fas­ten und zur Buße ruft er auf, zu Gott zu beten. Und zwar „hef­tig“ zu Gott zu Rufen.
Wann haben Sie schon ein­mal hef­tig gebe­tet? Ich ver­mu­te, dass das bei uns nicht so häu­fig vorkommt.

Kom­men Sie mit auf einen kur­zen Aus­flug in die Zeit der ers­ten Gemein­de. (Apos­tel­ge­schich­te 12,1–17). Petrus war ver­haf­tet wor­den und lag im Gefäng­nis. Die Gemein­de war in gro­ßer Sor­ge um ihn. Erst vor kur­zem hat­te Hero­des Agrip­pa den Bru­der des Apos­tels Johan­nes, den Jako­bus töten las­sen. Das könn­te mit Petrus auch gesche­hen. Und so betet die Gemein­de für ihn. Und zwar nicht mal schnell im Für­bitt­ge­bet am Ende eines Got­tes­diens­tes. Die Chris­ten beten „ohne Auf­hö­ren“. Es steht dort das glei­che grie­chi­sche Wort wie bei der Anwei­sung des Königs in Nini­ve. Die Gemein­de betet also ohne Auf­hö­ren – meh­re­re Stun­den­lang bis Petrus frei­kommt. Sie betet hef­tig, mit Anstren­gung, vol­ler Anspannung.
Noch ein ande­rer hat so vol­ler Anspan­nung, hef­tig gebe­tet. So inten­siv, dass „sein Schweiß … wie Bluts­trop­fen“ wur­de. Jesus im Gar­ten Geth­se­ma­ne (Lukas 22,44). Er betet genau­so inten­siv, fast über sei­ne Kraft hin­aus, wie spä­ter die Gemein­de in Jeru­sa­lem und wie vor­her schon manch ande­rer. Auch die Men­schen in Nini­ve schei­nen so gebe­tet zu haben.

Hier im Got­tes­dienst sind wir als Men­schen zusam­men, die grund­sätz­lich nach Gott fra­gen. Man­che schon so lan­ge, dass sie das vor 50 Jah­ren oder mehr bei ihrer Kon­fir­ma­ti­on fest­ge­macht haben: „Ja, nach die­sem Gott fra­ge ich. Der ist mir Leit­stern, Quel­le des Lebens, Rat­ge­ber in allen Fra­gen, Schutz und Schirm. Der ist mein Vater. Zu dem gehö­re ich und hal­te ich mich.“ Mag sein, dass jede und jeder das für sich anders for­mu­liert, aber das meint Konfirmation.
Mich treibt – vor allem auch für mich selbst – die Fra­ge aber um, ob ich wirk­lich so inten­siv mit Gott im Kon­takt bin. Mag bei einem Pfar­rer ver­wun­dern, aber mir geht es da nicht anders. Man kann Bibel­le­sen und Beten auch ein­fach als Beruf betrei­ben. Es kann sich abschlei­fen. Dann ist es kei­ne gute Gewohn­heit mehr, son­dern eine ein­ge­üb­te mecha­ni­sche Wie­der­ho­lung. In der Gefahr steht jeder, selbst der noch so frömms­te Mensch. So sind wir. Daher ist die Fra­ge wirk­lich wich­tig: Wann haben wir zuletzt ein­mal so hef­tig gebe­tet und mit Gott gere­det, ja gerun­gen? Und zwar nicht, weil wir ihm durch eine Anzahl an geleis­te­ter Gebets­stun­den etwas bewei­sen müss­ten. Wir sind sei­ne Kin­der. Und das ist sei­ne Ent­schei­dung gewe­sen, sein Geschenk an uns. Das nimmt uns nie­mand jemals wie­der ab.
Nein. Die Fra­ge bedeu­tet: Wie sehr seh­ne ich mich nach Gott und wie sehr gehe ich die­ser Sehn­sucht nach? Ein Kon­fir­ma­ti­ons­schein oder der Beruf als Pfar­rer oder das Ehren­amt als Gemein­de­kir­chen­rat sind schön. Aber sind sie mein Glück? Machen sie das Glück mei­nes Lebens aus? „Gott nahe zu sein ist mein Glück“, so hieß das Mot­to, die Jah­res­lo­sung im Jahr 2014. Und ich den­ke, dass auch Jona – viel­leicht sogar unbe­wusst – zu die­sem Glück ein­lädt. Er kün­det Gericht an. Viel­leicht denkt er gar nicht dar­an, dass die Nini­vi­ten ihm zuhö­ren und sich bekeh­ren. Aber eines ahn­te er schon vor­her: Dass Gott ganz gewiss auf die Umkehr des Vol­kes reagie­ren wird. So kam es dann ja auch.

Uns jeden­falls laden Jona und das Vor­bild der Nini­vi­ten ein, unser Lebens­glück bei Gott zu suchen. Raus aus der Rou­ti­ne, die man­chen sogar mal in die Kir­che führt, viel­leicht sogar regel­mä­ßig. Hin­ein in eine Bezie­hung zu Gott, die inten­siv, atem­los, span­nend und vol­ler guter Anspan­nung ist. Eine Bezie­hung, die sich nach Got­tes Ret­tung sehnt. Und die von Gott Gro­ßes erwartet.
Ich wün­sche uns allen, dass wir in der Bezie­hung zu Gott kei­ne Lan­ge­wei­le auf­kom­men las­sen, die uns manch­mal dann nur alle Jubel­jah­re an ihn erinnert.
Ich wün­sche uns, dass wir vom Vor­bild des Königs in Nini­ve gepackt wer­den. Wir haben nicht das Gericht über uns ste­hen. Jesus hat uns von aller Schuld frei gemacht. Das ist eine Tat­sa­che, auf die wir fest bau­en kön­nen. Das Vor­bild aber des Königs: Wir wen­den uns hef­tig, ohne Auf­hö­ren, Gott zu. Wir pflan­zen unser Den­ken und Tun, unse­ren Glau­ben und unse­re Hoff­nung direkt bei der Quel­le ein, von der der Psalm spricht.
Ich wün­sche uns, dass wir vom Vor­bild der Nini­vi­ten gepackt wer­den. Die hör­ten Jona ein­mal und reagier­ten. Das beschränkt sich nicht nur auf die Umkehr und Buße. Wir hören viel­leicht Groß­ar­ti­ges von Gott. Und wir bre­chen in lau­ten Jubel aus und erzäh­len es laut und inten­siv und begeis­tert wei­ter. Wir den­ken nicht dar­über nach, ob wir etwas gemä­ßig­ter sein soll­ten und erst ein­mal drü­ber schla­fen. Wir jubeln sofort, wenn uns Gott Gutes wider­fah­ren lässt. Oder wir sehen Got­tes wun­der­ba­re Natur und stim­men, egal wo wir gera­de sind, ein Lob­lied an auf den, der das alles geschaf­fen hat und erhält. Wir haben einen Men­schen vor Augen, der in Not ist. Und wir beten sofort für ihn, enga­giert, hef­tig, vol­ler Gewiss­heit über Got­tes Güte. Und ja – wenn Gott uns eine Kri­tik vor Augen stellt und zur Umkehr ruft, dann wen­den wir uns ihm zu, dre­hen uns zu ihm um. Und alle Schat­ten flie­hen vor sei­nem Licht hin­ter uns.

Also: Glaubt hef­tig. Glaubt sehn­suchts­voll. Glaubt mit gan­zem Her­zen. Und glaubt heute.
Amen.

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