Eine Liedandacht zum Sonntag Kantate
zu dem Lied “Du meine Seele, singe” (Ev. Gesangbuch Nr. 302)
EG 302,1.8 Du meine Seele, singe
- Du meine Seele, singe, wohlauf und singe schön dem, welchem alle Dinge zu Dienst und Willen stehn. Ich will den Herren droben hier preisen auf der Erd; ich will ihn herzlich loben, solang ich leben werd.
- Ach ich bin viel zu wenig, zu rühmen seinen Ruhm; der Herr allein ist König, ich eine welke Blum. Jedoch weil ich gehöre gen Zion in sein Zelt, ist’s billig, dass ich mehre sein Lob vor aller Welt.
Angedacht I
Wissen Sie, was mich an diesem Lied beeindruckt? Das „Ich“. Es umrahmt nämlich das Lied. In der ersten Strophe: „Ich will preisen, ich will loben.“ Und in der letzten: „Ich bin viel zu wenig. Aber es ist billig, also gut, dass ich mehre Gottes Lob vor aller Welt.“
Vielleicht ist das ein guter Tipp, den wir uns immer wieder einmal selbst in Erinnerung rufen müssen. Wenn es um Gott geht, um Glauben, um Kirche, um Gemeinde, geht es zugleich immer um mich. Wir können lange warten, bis ein anderer sich aufmacht, um Gott zu loben. Klar gibt es welche. Manche tun das sogar von Berufs wegen. Aber ich sehe doch auch die Güte Gottes. Warum also nicht von ihm reden?
EG 302,2 Wohl dem, der einzig schauet
- Wohl dem, der einzig schauet nach Jakobs Gott und Heil! Wer dem sich anvertrauet, der hat das beste Teil, das höchste Gut erlesen, den schönsten Schatz geliebt; sein Herz und ganzes Wesen bleibt ewig unbetrübt.
Angedacht II
Am Anfang und am Ende: Ich. Denn ich schaue hin. Ich entdecke Gottes Güte. Ich nehme wahr, was er getan hat und immer noch tut. Hoffentlich nehme ich das wahr. Danach beschreibt Paul Gerhardt, der Liederdichter, was er alles gesehen hat. Und weil er davor und danach seine Seele in die Pflicht nimmt, ist klar: Es geht nicht um irgendwelche Allerweltsweisheiten. Es geht darum, wie Gott an mir handelt.
Gott ist ein Schatz, er ist das höchste Gut. Er ist der Schöpfer, wird es in der dritten Strophe heißen. Er hat alles gemacht – Himmel und Erde, das Meer und alles, was da lebt, ein unüberschaubares Heer.
Gott ist treu und zuverlässig. Er hat Gutes im Sinn mit uns. Er steht zu seinen Verheißungen und löst seine Zusagen immer ein (Strophe 4).
EG 302, 5–7 Er weiß viel tausend Weisen
- Er weiß viel tausend Weisen, zu retten aus dem Tod, ernährt und gibet Speisen zur Zeit der Hungersnot, macht schöne rote Wangen oft bei geringem Mahl; und die da sind gefangen, die reißt er aus der Qual.
- Er ist das Licht der Blinden, erleuchtet ihr Gesicht, und die sich schwach befinden, die stellt er aufgericht’. Er liebet alle Frommen, und die ihm günstig sind, die finden, wenn sie kommen, an ihm den besten Freund.
- Er ist der Fremden Hütte, die Waisen nimmt er an, erfüllt der Witwen Bitte, wird selbst ihr Trost und Mann. Die aber, die ihn hassen, bezahlet er mit Grimm, ihr Haus und wo sie saßen, das wirft er um und um.
Angedacht III
Er, er, und immer wieder er – Gott. Gott rettet, Gott ernährt, er erleuchtet und richtet auf. Er ist ein Freund, voller Liebe. Er hat im Blick, wer in der Gesellschaft in Vergessenheit geraten ist. Und er richtet auch, stürzt Mächtige vom Thron. Er, Gott, ist da und handelt.
1653 hat Paul Gerhardt dieses Lied geschrieben. Da war der Dreißigjährige Krieg gerade einmal fünf Jahre zu Ende. Grund zum Loben, zum Singen? Gewiss nicht immer. So schreibt er ja auch von Hungersnot, vom Tod, von Qualen. Witwen gab es gewiss viele in dieser Zeit, Waise, gar Vollwaise wohl auch. Paul Gerhardt aber macht Mut. Er lehrt, auf Gott zu schauen und auch in der Not Gott zu loben.
Ein anderer Liederdichter, Gerhard Tersteegen, schrieb einmal: „Ist’s etwas Großes, dass die Engel Gott loben? Nein, denn wenn wir an ihrer Stelle wären, würden wir es auch tun – aber ich meine, dass Hiob auf seinem Misthaufen Gott lobte, das war etwas Großes, und dieses Lob gefiel Gott besser als das Lob aller Engel.“
Wir sitzen nicht wie Hiob auf dem Scherben- und Misthaufen. Uns geht es auch in der aktuellen Krise wesentlich besser als Hiob und auch als Paul Gerhardt. Da wäre es doch erst recht gut, in dieses Loblied einzustimmen, nachdem wir uns umgeschaut und Gottes Größe und Güte entdeckt haben.
Kantate – so heißt der Sonntag, der uns daran erinnert, Gott zu loben. Bleiben wir dran und erinnern unsere Seele an Gott. Sie braucht manchmal so einen kleinen Schubs: „Du meine Seele, singe!“
Amen.