Drei in einem

vor­aus gehen Lesun­gen aus Jesa­ja 6,1–8 und Johan­nes 3,1–8

Gott. So viel­fäl­tig ist er. So unvor­stell­bar. Irgend­wie ist er nicht zu fas­sen. Da ist der mäch­ti­ge, all­mäch­ti­ge, ja über­gro­ße Gott, dem Jesa­ja in sei­ner Visi­on begeg­net. Der Tem­pel kann ihn nicht fas­sen. Selbst das Bild, das Jesa­ja malt, ist doch im Grun­de noch viel zu klein. Wir kön­nen nur in mensch­li­chen Wor­ten von Gott reden. Und so machen wir ihn zwar groß mit unse­ren Wor­ten – aber oft wird er dadurch nur zu einem über­gro­ßen Super­men­schen. Den wir uns doch immer noch vor­stel­len kön­nen. Oder? Ich kann mir das in mei­ner Fan­ta­sie noch gut aus­ma­len, wie die­ser Gott über­groß über dem Tem­pel thront, wie der himm­li­sche Hof­staat um ihn her­um aus­sieht. Mäch­tig und furcht­ein­flö­ßend, aber immer noch vor­stell­bar. Auch die Engel bekom­me ich aus­ge­malt. Sechs Flü­gel? Naja. Wir den­ken sie meis­tens mit zwei­en. Aber war­um nicht mal so „über­mo­to­ri­siert“. Ich glau­be, wir müss­ten min­des­ten eine Vor­stel­lungs­kraft wie Albert Ein­stein und ande­re Phy­si­ker haben, um viel grö­ßer von Gott zu den­ken, der doch Raum und Zeit geschaf­fen hat und sie umfasst. So groß kann ich nicht den­ken. Und Gott ist noch grö­ßer. Das ist das ers­te Bild des Sonn­tags, der Tri­ni­ta­tis heißt: Jesa­ja im Tem­pel und Gott über­ragt alles. Zu über­se­hen ist der jeden­falls nicht.

Das zwei­te Bild ist das kras­se Gegen­teil. Gott ist Geist. So sagt es Jesus zu Niko­de­mus bei ihrem abend­li­chen Gespräch. Geist. Der ist ja über­haupt nicht zu fas­sen. So wie Luft, die ich nicht fest­hal­ten kann. Oder wie Was­ser, dass mir aus den Hän­den läuft. Und so soll ich mich ihm nähern? Geist­lich? Nicht mit mei­nen mate­ri­el­len, irdi­schen Gedan­ken? Nicht mit mei­nen Begren­zun­gen durch mei­nen Kör­per, durch Hun­ger und Durst, durch fünf Sin­ne – mehr sind es halt nicht? Ihr müsst von Neu­em gebo­ren wer­den, aus Was­ser und aus Geist. Das ist mir doch auch zu hoch. Das ist ja noch geheim­nis­vol­ler als der all­mäch­ti­ge Gott, Schöp­fer Him­mels und der Erden, wie es in Kir­chen­lie­dern heißt. Den kann ich zumin­dest in der Natur wahr­neh­men. Aber den Geist?
Obwohl: so pes­si­mis­tisch muss ich auch nicht ran­ge­hen. Habe ich nicht manch­mal das Gefühl, dass Gott in mir ist und mir die­sen und jenen Gedan­ken gibt? Oder das Gespür für eine beson­de­re Situa­ti­on? Und im Rück­blick auf Man­ches mer­ke ich, dass da wohl ein ande­rer am Werk war als ich. Das ist schon so, wenn jemand sagt, dass ihn etwa mei­ne Pre­digt ange­spro­chen und getrös­tet oder ermu­tig hat. Und ich den­ke: Selt­sam. Ich hät­te sie am liebs­ten gleich noch mal neu geschrie­ben. Sie war doch nicht so, wie ich sie woll­te. War dann Got­tes Geist am Werk? Könn­te doch sein. 

Außer als Schöp­fer und als Geist zeigt sich Gott auf die Wei­se, die viel­leicht die Ver­trau­tes­te ist:  als Jesus, Men­schen­sohn. Gott, der tat­säch­lich so wie wir ist: ein Mensch mit Hun­ger und Durst. Ein Mensch, der lachen und wei­nen kann. Einer der dis­ku­tiert und sich sei­ne Posi­ti­on erar­bei­ten muss. Und der auch unter­lie­gen kann und weg­geht dort, wo er nicht wei­ter­kommt. Ja – ein Mensch, der lei­det und sogar stirbt. Gott – ganz menschlich. 

Kein Bild von Gott allei­ne genügt. Der Schöp­fer allei­ne reicht nicht, der Geist allei­ne tut es nicht und der Men­schen­sohn ohne die himm­li­sche Anbin­dung ist auch zu wenig. So fei­ern wir einen Gott, der sich auf drei ver­schie­de­ne Wei­sen zeigt. Immer ist es der eine Gott. Und der wen­det sich uns Men­schen zu – egal in wel­cher Wei­se er sich zeigt.
Es gibt sogar ein bibli­sches Wort dafür, dass Gott sich uns zuwen­det. Ein Wort, das uns völ­lig ver­traut ist. Hören wir es – und die Geschich­te dazu, in die es ein­ge­bet­tet ist (4. Mose 6,22–27): 22 Und der Herr rede­te mit Mose und sprach: 23 Sage Aaron und sei­nen Söh­nen und sprich: So sollt ihr sagen zu den Israe­li­ten, wenn ihr sie seg­net: 24 Der Herr seg­ne dich und behü­te dich; 25 der Herr las­se sein Ange­sicht leuch­ten über dir und sei dir gnä­dig; 26 der Herr hebe sein Ange­sicht über dich und gebe dir Frie­den. 27 So sol­len sie mei­nen Namen auf die Israe­li­ten legen, dass ich sie seg­ne.
Sonn­tag für Sonn­tag enden die Got­tes­diens­te mit die­sen drei Zusa­gen an jeden ein­zel­nen: Der Herr seg­ne dich! 

Aus dem Volk Isra­el – unter­wegs durch die Wüs­te, hin­ter sich Ägyp­ten und die Skla­ve­rei, vor sich unbe­kann­tes, aber sehr gutes Land – aus dem Volk Isra­el war eine ziem­lich fes­te Gemein­schaft gewor­den. Sie hat­ten ihren Gott auch schon sehr unter­schied­lich erlebt. Er hat­te sie mit Essen und Trin­ken ver­sorgt – der Schöp­fer­gott. Er führ­te sein Volk nicht nur durch die Feu­er- und Wol­ken­säu­le. Er hat­te Men­schen beru­fen und im wahrs­ten Sinn des Wor­tes begeis­tert, damit sie Anfüh­rer des Vol­kes sein konn­ten. Um das Leben unter­ein­an­der zu regeln, die Wür­de jedes Men­schen zu ach­ten und hoch­zu­he­ben, hat­te Gott sei­nem Volk sei­ne Gebo­te gege­ben – Schutz­raum für jeden, egal ob aus dem Volk Isra­el oder ein Gast und Fremd­ling im Volk. Genau­so hat­te Gott Regeln gege­ben, um sei­ne Hei­lig­keit und Wür­de zu schüt­zen und im All­tag der Men­schen zu ver­an­kern. Gera­de das 4. Buch Mose ist voll von sol­chen Regeln. Der latei­ni­sche Name heißt denn auch „Nume­ri“ – weil dort ein Gesetz nach dem andern auf­ge­zählt wird; ein biss­chen ver­ein­facht gesagt.
Alles geht aber davon aus und dar­auf zu, dass Gott sei­nen Men­schen nahe sein will. Und das ist viel mehr, als es Gebo­te oder Regeln aus­sa­gen kön­nen. Segen – dar­um geht es. Mit Segen fängt alles an. Und immer wie­der Segen soll auf die Men­schen zukom­men. So schließt Gott schon die Schöp­fung ab: „Gott schuf den Men­schen zu sei­nem Bil­de, zum Bil­de Got­tes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Frau. Und Gott seg­ne­te sie und sprach zu ihnen.“ Gott seg­ne­te die ers­ten Men­schen auf Erden. Beim Men­schen fängt alles mit Got­tes Segen an. Von Anfang an. 

Was für den drei­ei­ni­gen Gott gilt – sei­ne Viel­falt, sei­ne Wesens­äu­ße­run­gen – fin­det sich beim Segen auch wie­der. Auch der kommt viel­fäl­tig und drei­fach und mehr­fach daher. 
„Der Herr seg­ne dich und behü­te dich!“ Unser Leben soll gelin­gen. Das ist Got­tes Ziel für uns. Reich und voll­kom­men soll es sein. So war es von Anfang an gedacht. Vie­les ist schief­ge­gan­gen und geht immer schief, wenn wir uns von Gott abwen­den. Aber er bleibt bei die­sem Ziel. Dazu gehört, dass er uns behü­tet. Leben braucht die­sen Schutz. Denn unser Leben ist zer­brech­lich. Es wird bedroht. Der Segen, der dar­auf liegt, wird bedroht von außen und auch von uns selbst.
Ich muss – viel­leicht ist es ein biss­chen schräg – an man­che Online-Shops den­ken. Wenn ich da etwas bestel­le, ist die Lie­fe­rung über eine Art Güte­sie­gel abge­si­chert. Der Name des Sie­gels sagt: Die­sem Online­shop kannst du ver­trau­en. Soll­te was ver­lo­ren gehen, was du schon bezahlt hast, dann bekommst du das ersetzt.Vielleicht ist das mit dem Segen ja – ganz mensch­lich gespro­chen – ähn­lich. Gott schenkt uns aller­hand Segen. Und er lie­fert die Siche­rung gleich dazu: Der Herr seg­net dich und behü­tet dich! So ist es. 

Und dann: „Der Herr las­se sein Ange­sicht leuch­ten über dir und sei dir gnä­dig!“ Der Schöp­fer­gott beschenkt uns mit allem nöti­gen irdi­schen Gut. Und Gott, der Vater und der Sohn, der Mensch wur­de, erweist sich gnä­dig. Er schaut uns vol­ler Lie­be an. Mit einer Lie­be, deren Grö­ße wir gar nicht ermes­sen kön­nen. Er ist ja immer noch bei uns, auch wenn wir uns abge­wen­det haben. Er hält ja immer noch an uns fest, auch wenn wir ihn los­ge­las­sen haben. Gott ist gnä­dig. Mit leuch­ten­den, lie­be­vol­len Augen sieht er uns an. Er leuch­tet über uns. Holt uns her­aus aus unse­rem eige­nen Dun­kel und stellt uns ins Licht. Er räumt aus, was uns von ihm und was uns von Men­schen trennt. Schuld besei­tigt er. Gott ist gnä­dig. Das wärmt die See­le. Das lässt auf­at­men. So kön­nen wir leben. 

Und schließ­lich: „Der Herr erhe­be sein Ange­sicht über dich und gebe dir Frie­den!“ Gott blickt uns an. Er schaut nicht nur uns an. Er lädt uns auch dazu ein, ihn anzu­bli­cken. Und dann sol­len wir nicht erschre­cken, so wie es Jesa­ja gegan­gen ist. Wir sol­len uns freu­en. Gott legt Frie­den in unse­re Her­zen. Dass wir das spü­ren kön­nen, bewirkt Got­tes Geist. Pau­lus sagt das ein­mal etwas kom­pli­ziert, eigent­lich theo­lo­gisch nüch­tern, aber doch klar auf den Punkt gebracht: „Der Geist selbst gibt Zeug­nis unserm Geist, dass wir Got­tes Kin­der sind.“ (Römer 8,16) Wir wüss­ten es sonst nicht, könn­ten es nicht glau­ben. Aber Got­tes Geist gibt uns die­se Gewiss­heit. Gott in uns! So gebor­gen in Gott, so tief mit ihm ver­bun­den, so geseg­net und behü­tet kann auch Frie­den in unse­ren Her­zen einziehen. 

Dar­um geht es dem drei­ei­ni­gen Gott. Dar­um ist er so viel­fäl­tig und doch einer. Dar­um begeg­net er uns als Vater, Sohn und Geist. Immer will Gott in unse­rer Nähe sein, so wie wir ihn gera­de brau­chen und ver­ste­hen oder erah­nen kön­nen. Der Schöp­fer, der uns Leben und die Welt um uns her schenkt und unser Tag­werk seg­net. Der Sohn, der uns frei macht von Schuld, der uns mensch­lich im bes­ten Sin­ne begeg­net, gnä­dig, als Hel­fer und Hei­land. Der Geist, der uns führt, der uns Frie­den ins Herz liegt, der uns Feu­er und Lie­be gibt und spü­ren lässt. An all das erin­nert uns Tri­ni­ta­tis. Und das in die­sem Jahr noch 21 Mal mit einem extra Sonn­tag. Wie könn­ten wir da Got­tes Segen ver­ges­sen? Lasst uns die­sen Segen emp­fan­gen und tei­len und unsern Gott fei­ern. Amen.

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