Es ist eine typisch menschliche Eigenschaft: Wir suchen den Ausweg aus unvorteilhaften Situationen mit schönen Worten. Gut, dass es Personen des öffentlichen Lebens gibt, über die so viel geschrieben wird, dass wir daneben nicht mehr auffallen. Die Verteidigungsreden des Verteidigungsministers sind ja nur ein Beispiel von vielen. Aber wäre es nicht spannend, eine Weile völlig ohne Ausrede auszukommen?
Am 9. März beginnt wieder die Fastenzeit. Menschen verzichten auf bestimmte Speisen – etwa auf Süßigkeiten. Sie verzichten auf liebgewordene Angewohnheiten – etwa Fernsehen. Sieben Wochen, von Aschermittwoch bis Ostern, dauert diese Zeit. Sieben Wochen, um zu sehen, ob weniger nicht mehr ist, ob ich von etwas schon völlig abhängig bin oder mein Leben noch andere Inhalte haben und brauchen kann.
Die Kirchen laden dazu ein, diese Zeit bewusst anzugehen. Und das Motto für dieses Jahr ist eine echte Herausforderung, vielleicht viel intensiver als der Verzicht auf Wein oder Espresso oder die Lieblingsserie im TV: „7 Wochen ohne Ausrede“ lautet das Vorhaben.
Das kann wirklich ans Eingemachte gehen. Und es würde eine riesige Veränderung mit sich bringen, mehr als andere Fastenaktionen. Der Anfang wäre eine große und neue Ehrlichkeit vor mir selbst. Ich würde mir über manche Motive gründlich Rechenschaft geben und nicht so leichtfertig mit Ausreden um mich werfen. Und vermutlich würde es auch ganz schnell mein Verhalten ändern. Denn wenn ich weiß, dass ich keine Ausrede parat habe, werde ich manches anders anpacken. Keine faule Ausrede für einen längst fälligen Besuch – stattdessen geh ich hin. Keine getrickste Entschuldigung, wenn etwas misslungen ist – stattdessen sage ich ehrlich, woran es lag.
Mir fällt dazu ein, was Jesus einmal zu seinen Zuhörern gesagt hat, als es ums Schwören ging: „Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein.“ (Matthäus 5,37) Kein drum herum Reden, keine falschen Versprechungen, keine Ausreden, Ehrlichkeit in Beziehungen, keine Halbwahrheiten in der Berichterstattung, Wahrhaftigkeit auch dem Meinungsgegner gegenüber. Und das Halten von Wahlversprechen — nur mal so nebenbei gesagt.
Es wäre jedenfalls ein lohnendes Projekt, sieben Wochen ohne Ausreden auszukommen – vor mir selbst und anderen. Könnte allerdings sein, dass zum Ausgleich eine Tafel Schokolade zusätzlich nötig wird, ohne Ausrede, einfach weil’s schmeckt.